§ 73 Die Ausführungsverordnungen. 481
weiteren Anordnungen den Charakter der Verwaltungsverordnung
haben und in das Verwaltungsrecht fallens). Als praktische Folge-
rung ergibt sich die Zulässigkeit der richterlichen Prüfung über die
Rechtsgültigkeit der Verwaltungsverordnung, während diese bezüglich
der Regierungsverordnung ausgeschlossen ist.
Es könnte sich nur fragen, wie sich das Rechtsverhältnis gestaltet,
wenn das Gesetz selbst die Ausführung einer Behörde, z. B. einem
Minister, überträgt. Hier ist die Uebertragung des Rechtes zum Erlasse
der Ausführungsverordnung schon in dem Gesetze selbst enthalten,
braucht also nicht noch durch besondere königliche Verordnung zu er-
folgen. Zweifelhaft muß nur erscheinen, ob in diesem Falle der König
berechtigt ist, statt der Behörde die Verordnung selbst zu erlassen.
Dagegen fällt ins Gewicht, daß unter diesen Umständen die Ueber-
tragung durch Gesetz ausgesprochen ist, eine Abänderung jener Be-
stimmung also nur durch Gesetz erfolgen könnte. Allein keine Behörde
hat ein eigenes Recht auf die Ausübung staatlicher Hoheitsrechte,
der König kann auch hier den Minister mit Anweisungen über den
Inhalt der Ausführungsverordnung versehen. Die Ausführungsverord-
nung selbst muß aber formell vom Minister ausgehenuo).
Die Uebertragung war aber nur erforderlich für Ausführungs-
verordnungen, die nicht bloß eine Auslegung des Gesetzes zum
Gegenstande haben. Es rechtfertigt sich dies daraus, daß jede Be-
hörde selbständig das Gesetz auszulegen hat und befugt ist, die ihr
untergeordneten Organe mit Anweisung zu versehen, wie sie das Gesetz
anzuwenden haben. Dabei darf sich allerdings kein staatliches Organ
mit Anordnungen der vorgesetzten Behörden oder des Königs in
9) Ueber die Grenze zwischen Regierung und Verwaltung vgl. 8 13.
10) In der 1. Auflage war das Gegenteil, eigenes Recht des Königs
zum Erlasse, behauptet. Eine ausführliche Erörterung findet sich bei
Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches, 2. Aufl., Bd. 1, S. 603,
über diesen Punkt gelegentlich des dem Reichskanzler gesetzlich delegierten
Verordnungsrechtes. Während Laband in der ersten Auflage an-
nahm, daß derartige Verordnungen auch vom Kaiser erlassen werden
lönnten, ist er jetzt entgegengesetzter Ansicht, da die Delegation an den
Reichskanzler den Kaiser nicht nur vom Erlasse der Verordnung ent-
asten, sondern auch ihre Abänderung erleichtern und in die selbständige
Entschließung des Reichskanzlers stellen sollte. Daneben behauptet auch
aband, der Kaiser könne dem Reichskanzler Anweisungen erteilen,
in welcher Art die Verordnung von ihm erlassen werden solle.
Bornbak, Hreußtsches Staatorecht. 1. 2. Rufl. 31