Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 74 Das Organisationsrecht. 483 
aus sich heraus lediglich für die juristischen Personen des Privatrechtes. 
Beim Staate gehen auch die für ihn maßgebenden Rechtsnormen 
lediglich aus seinem Willen hervor. 
Endlich hat man sich gar für die Unterscheidung auf den Sprach- 
gebrauch berufen, nach dem die Organisation der Gerichte durch Gesetz 
erfolgen müsse, die der Ministerien und Verwaltungsbehörden durch 
Verordnung erfolgen dürfe). 
Eine Rechtfertigung der Organisation ausschließlich durch Gesetz 
ist endlich wiederholt versucht worden im preußischen Abgeordneten- 
hause auf Grund der Bestimmung des Art. 96 der Verfassungsurkunde, 
wonach die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungsbehörden durch 
Gesetz bestimmt wirdo). Allein der folgende Satz, der die Einsetzung 
eines besonderen Gerichtshofes zur Entscheidung von Kompetenzstreitig- 
keiten zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden bestimmt, zeigt 
deutlich, daß man nur die Bestimmung der Grenzlinie zwischen Ge- 
richten und Verwaltungsbehörden der Gesetzgebung vorbehalten wollte. 
Dagegen ist in Art. 96 nicht ausgesprochen, daß die Bestimmung 
der Zuständigkeit jeder einzelnen Verwaltungsbehörde durch Gesetz 
erfolgen muß. 
In der Organisation liegt sachlich eine Vereinigung zweier ver- 
schiedenen Richtungen der Staatstätigkeit. Die Bestimmung der Zu- 
ständigkeit der Behörden ist eine Rechtsvorschrift. Sie besagt ein für 
allemal, welche Geschäfte die Behörde zu erledigen verpflichtet ist, in 
welchen Sachen die Staatsangehörigen sich an die Behörde zu wenden 
berechtigt sind. Sie knüpft also an das Vorkommen gewisser Fälle 
die Rechtsfolge, daß sie von einer bestimmten Behörde zu erledigen 
sind. Dagegen ist die Bildung der Behörde keine Rechtsvorschrift'). 
an kann nicht sagen, es würde nur bestimmt, wie die Behörde 
gebildet werden solle. Es kann zwar zu der Organisation eine Aus- 
führungsverordnung ergehen. Namentlich muß stets die Ernennung 
5) Seydel, Bayr. St.-R., Bd. 3, S. 647. 
6) Vgl. Sten. Ber. 1867—68, Bd. 1, S. 472, 1877—78, S. 1933 ff. 
7) Diese Ansicht wird jetzt auch vertreten von Jellinek, Ge- 
seb und Verordnung, S. 387. Er sieht jedoch im Anschlusse an die 
bereits widerlegte Auffassung Labands in der Bestimmung der Zu- 
ändigkeit nur dann eine Rechtsnorm, wenn in ihr die Verleihung 
eines Imperiums liegt, also sich nicht nur innerhalb der Verwaltung 
ält, sondern sich auch an die Staatsangehörigen wendet. 
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