184 Das Verfassungsrecht. * 774
der Beamten für die neue Behörde erfolgen. Die Bildung der Be-
hörde liegt aber nicht in der Ausführungsverordnung, sondern in der
Organisationsanordnung selbst. Diese setzt keinerlei tatsächlichen Zu-
stand voraus, an den sie Rechtssolgen anknüpft, sondern sie stellt im
Gegenteile einen tatsächlichen Zustand, den Bestand einer Behörde, her.
In der Bildung der Behörde liegt daher lediglich eine tatsächliche
Anordnung. Um ein Beispiel zu erwähnen, ist die Bildung eines
neuen Amtsgerichtes erfolgt, sobald der Landtag die betreffende
Gesetzesvorlage erledigt, und der König das Gesetz erlassen hat. Das
Amtsgericht als Behörde ist mit diesem Augenblicke vorhanden, auch
wenn noch kein Beamter ernannt ist. Ebensowenig als eine einmal
organisierte Behörde aufhört zu bestehen, wenn die zu ihr bisher
gehörigen Beamten sämtlich gestorben oder versetzt sind, ist der Be-
stand der Behörde von ihrer Besetzung bedingt.
In der Organisation einer Behörde liegt also der Erlaß einer
Rechtsnorm, die Bestimmung der Zuständigkeit, und einer tatsächlichen
Anordnung, die Bildung der Behörde. Wäre wirllich der Erlaß von
Rechtsnormen nach preußischem Staatsrechte ausschließlich der Gesetz-
gebung, der Erlaß tatsächlicher Anordnungen, soweit sie der Gesetz-
gebung nicht vorbehalten sind, der Regierung überlassen, so müßte sich
diese Verschiedenheit hier zeigen. Dem Könige allein müßte die Bil-
dung der Behörden, dem Könige nach vorheriger Zustimmung des
Landtages die Bestimmung ihrer Zuständigleit gebühren. Daß dies
praktisch undurchführbar, daß die Bildung der Behörde und die Be-
stimmung ihrer Zuständigleit gar nicht zu trennen, gleichzeitig mit
letzterer wenigstens die obersten Grundsätze über die Bildung auf-
zustellen sind, beweist die Unmöglichkeit einer Verleilung der Organi“
sation zwischen Regierung und Gesetzgebung, während sie doch nicht
zu umgehen wäre, falls das unlerscheidende Merkmal zwischen Re-
gierung und Gesetz als materielles aus dem Juhalte der betresfenden
Staatsakte geschöpft wäre.
Die Verfassungsurkunde nimmt nun nicht den Standpunkt ein,
daß die Organisation aller und jeder Behörden oder wenigstens die
Bestimmung ihrer Zuständigkeit nur durch Gesetz erfolgen dürfe. Wenn
Art. 110 der Versassungsurkunde bestimmt: „Alle durch die bestehenden
Gesetze angeordneten Behörden bleiben bis zur Ausführung der sic
betressenden organischen Gesetze in Tätigkeit“, so sind damit nut
solche Behörden gemeint, für welche überhaupt organische Gesett