Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

490 Das Versassungsrecht. § 75 
Staates einzelne Zweige der Staatstätigkeit ausüben sollen, kann nun 
niemand anders als dem Inhaber der Staatsgewalt, d. h. dem Könige, 
zustehen. Das A. L.-R. II, 13 § 7 erklärt daher die Besugnis zur 
Verleihung von Staatsämtern für ein dem Oberhaupte des Staates 
gebührendes Majestätsrecht. 
Daraus folgt, daß alle Aemterverleihung vom Könige als In- 
haber der Staatsgewalt ausgeht und präsumtiv, soweit das Gesetz 
nichts anderes bestimmt, auch von ihm frei ausgeübt wird. Aber über 
die Ausübung dieses Rechtes der Aemterverleihung im einzelnen folgt 
daraus nichts. Ausübung eines Rechtes ist es auch, wenn der Berech- 
ligle es durch einen anderen ausüben läßt. Die Ausübung der 
Acmterverleihung kann nun Organen des Staates entweder für einen 
bestimmten Fall oder für einzelne Arten von Aemtern übertragen 
werden. Diese letztere allgemeine Uebertragung lann durch Gesetz oder 
durch Verordnung erfolgen. Beide Arten der Uebertragung slehen sich 
ihrem Wesen nach vollständig gleich. Der Unterschied besteht nur darin, 
daß die gesetzliche Uebertragung nicht durch einseitigen Alt des Herr- 
schers zurückgenommen werden dars. Dagegen ist das Gesetz nicht 
weniger eine Willenserklärung des Königs als Inhabers der Staats- 
gewalt wie die Verordnung. Wenn der König durch Gesetz die Aemter- 
besetzung einem Staatsorgane überträgt, so verleiht er nicht das Recht, 
denn alle Rechte des Staates sind unveräußerlich, sondern nur die 
Ausübung des Rechtes. Der König selbst übt das Recht der Aemter- 
verleihung aus, indem er die Befugnis zur Bestellung gewisser Arten 
von Beamten Organen des Staates überträgt, sei es, daß die Ueber- 
tragung durch Gesetz, sei es, daß sie durch Verordnung ein für allemal 
stattfindet. 
Diesem, dem monarchischen Staatsrechte allein entsprechenden 
Verhältnisse gibt Art. 47 der Verfassungsurkunde Ausdruck durch die 
Beslimmung: „Der König besetzt alle Stellen im Heere sowie in den 
übrigen Zweigen des Staatsdienstes, sofern nicht das Gesetz ein anderes 
verordnet.“ 
Das ist die besondere Anwendung des für die monarchische Regie- 
rung allgemein maßgebenden Grundsatzes, daß die Vermutung für 
die freie Ausübung des monarchischen Rechtes spricht, die Beschränkung 
besonderer Begründung durch Gesetz bedarf. 
Ein anderes verordnet das Gesetz insbesondere für die Aemter 
der Kommunal= und Selbstverwaltung, entweder Wahl durch repräsen-
	        
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