192 Das Verfassungsrecht. 8 75
Regierungsakt gegenzuzeichnen oder nicht. Die Berufung auf die
politische Verantwortlichkeit kann hier nicht Platz greifen, da sie mit
ihrem Rücktritte erlischt.
Der König übt das Recht der Aemterbesetzung wie jedes andere
Regierungsrecht nur innerhalb der gesetzlichen Schranken. Sind daher
durch Gesetz für einzelne Arten von Beamten gewisse wesentliche
Erfordernisse aufgestellt, wie dies namentlich hinsichtlich der richterlichen
Beamten der Fall ist, so wäre jede Ernennung einer Person, welche
diese Erfordernisse nicht erfüllt, gesetzwidrig. Die Erfordernisse selbst
sind jedoch, da sie in den Personen der Organe des Staates vorhanden
sein müssen, im Verwaltungsrechte zu behandeln.
2. Titelverleihnung. Geschichtlich hat sich in Deutschland
besonders seit dem 17. Jahrhundert ein von dem Amtswesen relativ
losgelöstes Titelwesen entwickelt. Dies geschah entweder, indem man
die früheren Titel von Zentralbehörden, die zu Provinzialbehörden.
herabgedrückt waren, beibehielt (Geheime Räte und daher der Gegen-
saß der Wirklichen Geheimen Räte), oder indem man Teitel unter-
gegangener Aemter weiter verlieh (Kommerzienrat, Rechnungsrat,
Kanzleirat, Kommissionsrat, sämtlich durch „Geheim“ potenzierbar).
Das Recht zur Titelverleihung ist geschichtlich ein monarchisches,
da es sich um ursprüngliche Amtsbezeichnungen von untergegangenen
landesherrlichen Aemtern handelte. Es ist aber auch durch das positive
Recht bestätigt im A. L.-R. II, 13 § 7 im ausschließlichen Rechte des
Königs, Standeserhöhungen und Würden zu verleihen, und in Art. 50
Abs. 2 der Verfassungsurkunde in seiner Befugnis zur Verleihung
von mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen.
Selbstverwaltungsbehörden haben ein Recht der Titelverleihung
nur ausnahmsweise, soweit es ihnen gesetzlich beigelegt ist (Stadt-
altester). Außerdem kann der Monarch sein Recht der Titelverleihung
delegieren (Professortitel an den Kultusminister, Magistratsrat an
den Berliner Magistrat).
Der bloße Titel kann Beamten wie nicht Beamten beigelegt
werden. Erfolgt die Beilegung eines höheren Titels regelmäßig an
einen bestimmten Prozentsatz von Beamten einer gewissen Art
nach längerer Dienstzeil, so daß der Titel gewissermaßen ersitzungs-
sähig ist, falls der Beamte sich nichts hat zuschulden kommen lassen,
so spricht man von einem Charakter (Amts= und Landgerichtsräte,
Gymnasialprofessoren). Wird dagegen der Titel Beamten oder Nicht-