8 84 Aufhebung der Gesetze. 565
Str.-P.-O. keiner Bestätigung mehrs). Doch ist ihre Vollstreckung
erst zulässig, wenn die Entschließung des Staatsoberhauptes und in
Sachen, in denen das Reichsgericht in erster Instanz erkannt hat,
die Entschließung des Kaisers ergangen ist, von dem Begnadigungsrechte
keinen Gebrauch machen zu wollen.
3. Eng verwandt mit der Dispensation ist das Privilegium.
Das A. L.-R. II, 13 8 7 bezeichnet Privilegien nur als Ausnahmen von
Gesetzen, scheint sie also mit der Dispensation gleichzustellen. Da-
gegen ergibt sich aus 88 63, 64 Einl. A. L.-R., daß jener Sprach-
gebrauch ungenau ist und noch ein das Privilegium von der Dis-
pensation unterscheidendes Begriffsmerkmal besteht. Das Privilegium
unterscheidet sich von der Dispensation dadurch, daß es nicht nur
die sonst Platz greifende Rechtsanwendung auf den einzelnen Fall
ausschließt, sondern dem Privilegierten ein mit der objektiven Rechts-
ordnung im Widerspruche stehendes subjektives Recht verleiht. Das
Privilegium ist also nur eine bestimmte Art der Dispensation. Auch
hier greift daher dieselbe Unterscheidung der verschiedenen Fälle statt.
Entweder das Gesetz läßt die Erteilung des Privilegiums zu, dann
ist sie Ausführungsverordnung zu dem Gesetzes), oder das Gesetz
läßt sie nicht zu, dann kann die Erteilung des Privilegiums nur durch
ein die bestehende Rechtsnorm teilweise aufhebendes Gesetz, das also
selbst eine neue Rechtsnorm enthält, erfolgen.
Während im Mittelalter das objektive Recht sich auflöste in sub-
jektive Berechtigungen, und die Rechtsordnung daher sich vorzugs-
weise durch Privilegien fortbildete, tritt das Privilegium gleich
der Dispensation in dem heutigen Staatsrechte in den Hinter-
grund. Dagegen bezeichnet das Privatrecht allerdings noch jetzt
durch einen Akt der Staatshoheit erworbene subjektive Berech-
tigungen vielfach als Privilegien und stellt besondere Normen über
die Behandlung dieser Berechtigungen auf 10). Meist handelt es sich
aber auch hier nur um Auslegungsregeln. Einen besonderen privat-
rechtlichen Begriff des Privilegiums gibt es nicht. Die Quellen des
heutigen Privatrechtes erörtern es auch nur deshalb, weil der Begriff
6) Das letzte sog. Konfirmationsdekret erging in Preußen 1878
im Falle des Attentäters Hödel.
9) Verleihung des Enteignungsrechtes oder der Befugnis zur Aus-
gabe von Inhaberpapieren.
10) Vgl. z. B. 88 54 ff. Einl. A. L.-R.