Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

§ 9 Preußen als Glied des Bundesstaates (1867 bis jeßt). 59 
Einzelstaate entzogen, aber ziemlich bedeutungslos, da der völkerrecht- 
liche Verkehr der Einzelstaaten mit dem Auslande ein sehr beschränkter 
ist. Preußen unterhält daher außer bei anderen deutschen Staaten 
eine Gesandtschaft nur beim Vatikan. Die Beglaubigung auswärtiger 
Gesandten erfolgt stets beim Kaiser als dem Vertreter der Reichs- 
gewalt. Nur die Gesandten der deutschen Bundesstaaten müssen als 
beim Könige von Preußen beglaubigt angesehen werden. Dagegen 
ist die Organisation des Konsulatswesens einheitlich von Reichs 
wegen. Nur das Reich darf Konsulate im Auslande unterhalten, 
Landeskonsulate sind verfassungsmäßig unzulässig. Fremden Konsuln 
erteilt der Kaiser das Exequatur namens des Reiches. Den Einzel- 
staaten ist die Erteilung des Exequatur für ihr Gebiet unbenommen, 
Preußen hat jedoch bei der Verbindung der preußischen Königswürde 
mit der Kaiserwürde davon nie Gebrauch gemacht. 
Was das Kriegswesen anbetrifft, so ist zu unterscheiden zwischen 
dem Landheere und der Kriegsmarine. 
Für das Landheer trifft Art. 61 der Reichsverfassung die Be- 
stimmung, daß nach Publikation der Verfassung die gesamte preußische 
Militärgesetzgebung einschließlich der zu ihrer Ausführung, Erläuterung 
oder Ergänzung erlassenen Reglements, Instruktionen und Reskripte 
im ganzen Reiche ungesäumt einzuführen sei mit alleiniger Ausnahme 
der Militärkirchenordnung. Diese Gesetzgebung ist damit für Reichs- 
recht erklärt worden und unterliegt einer Veränderung nur im Wege 
der Reichsgesetzgebung. Allein die Militärkirchenordnung ist in Preußen 
noch Partikularrecht. Ebenso ist die Kommandogewalt über das 
preußische Heer auf den Kaiser übergegangen, die Sonderrechte der 
Landesherren über ihre Kontingente fallen in Preußen mit der 
Kommandogewalt des Kaisers zusammen. Die Militärverwaltung ist 
dagegen den Einzelstaaten verblieben. Das preußische Kriegsministerium 
ist jedoch auf Grund der Militärkonventionen die oberste Militär- 
verwaltungsbehörde auch für die anderen deutschen Staaten mit 
alleiniger Ausnahme von Bayern, Sachsen und Württemberg. Die 
Geldmittel für die Unterhaltung des Heeres und der Militärbehörden 
fließen, obgleich diese Organe der Einzelstaaten sind, ausschließ- 
lich aus der Reichskasse und werden durch den Reichshaushaltsetat 
festgesetzt. 
Die Kriegsmarine ist dagegen für das ganze Reich durchaus ein- 
heitlich, indem nicht nur die rechtlichen Normen allein vom Reiche
	        
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