89 Preußen als Glied des Bundesstaates (1867 bis jetzt). 61
tungsgericht, das Bundesamt für das Heimatwesen. Einheitliche Orga-
nisationen für das ganze Reich hat ferner die neue Sozialgesetzgebung
nötig gemacht.
Auf dem Gebiete der Finanzen besteht ebenfalls ein Wettbewerb
zwischen Reich und Einzelstaaten. Die Domänen und Forsten sind
den Einzelstaaten verblieben. Von den sog. Regalien und Monopolen
ist nur die Post und die Telegraphie auf das Reich übergegangen,
das für diese Verwaltungszweige allein die Rechtsordnung gibt. Dem
Reiche ist ferner zwar allgemein die Befugnis zur Erhebung von
Reichssteuern eingeräumt. Praktisch hat sich jedoch eine Auseinander-
setzung zwischen Reich und Einzelstaaten dahin vollzogen, daß das
Reich fast alle indirekten, die Einzelstaaten fast alle direkten und
einige unbedentende indirekte Abgaben für sich in Anspruch nehmen.
Art. 35 der Reichsverfassung behält daher dem Reiche ausschließlich
vor die Gesetzgebung über das gesamte Zollwesen, über die Besteuerung
des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabaks, bereiteten
Branntweins und Bieres und aus Rüben oder anderen inländischen
Erzeugnissen dargestellten Zuckers und Syrups, über den Schutz der
in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen
Hinterziehungen, sowie über die Maßregeln, welche in den Zollaus-
schlüssen zur Sicherung der gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind.
Dagegen sind die Organe zur Verwaltung der dem Reiche zu-
stehenden Einnahmen nur zum Teil Organe des Reiches. Sämtliche
Beamte der Post und Telegraphie bilden ein einheitliches Personal
mit der Verpflichtung, den kaiserlichen Anordnungen Folge zu leisten.
Die Anstellung der oberen Beamten, wie Direktoren, Räte, Ober-
inspektoren, sowie der zur Wahrnehmung des Aussichtsdienstes in den
einzelnen Bezirken fungierenden Post= und Telegraphenbeamten geht
für das ganze Reichsgebiet mit Ausnahme von Bayern und Württem-
berg vom Kaiser aus, welchem diese Beamten den Diensteid leisten.
Dagegen soll die Anstellung der übrigen Beamten durch die Landes-
regierungen erfolgen. In Preußen ist diese jedoch wie in der Mehr-
zahl der anderen deutschen Staaten ebenfalls dem Reiche übertragen.
Die Verwaltung der übrigen Reichseinnahmen, wie der Zölle, Ver-
brauchssteuern und der Wechselstempelsteuer ist dagegen den Einzel-
staaten überlassen worden, welche nur den Reinertrag nach Abzug
ihrer Verwaltungskosten an das Reich abführen. Doch ordnet der
Kaiser den Zoll- und Steuerämtern und den Direktivbehörden der