Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

68 Allgemeine Lehren. 8 11 
preußische Staat ist ein beschränkt-monarchischer Staat oder eine 
konstitutionelle Monarchie, und er ist Glied eines größeren Gesamt— 
staates, des Deutschen Reiches. Das Wesen der konstitutionellen Mon- 
archie Preußens im Gegensatze zu anderen Staatsformen ist Gegen- 
stand der Darstellung des Verfassungsrechtes überhaupt. Es ist daher 
nur noch zu untersuchen, welchen Einsluß die Zugehörigkeit zum 
Deutschen Reiche auf die staatsrechtliche Individnalität des vreußischen 
Staates ausübt. 
Der preußische Staat hat in allen seinen Teilen nur kurze Zeit 
eine rechtlich unbedingt anerkannte Unabhängigkeit genossen. Bis zum 
Untergange des alten Reiches gehörte der größte Teil des Staats- 
gebietes zum heiligen römischen Reiche deutscher Nation. Nur Preußen 
und die ehemals polnischen Landesteile waren unbestritten vollkommen 
souverän, das Verhältnis Schlesiens zum Reiche blieb dagegen sehr 
zweifelhaft. Bei der Schwäche der Reichsgewalt seit dem Westfälischen 
Frieden, namentlich gegenüber den größeren weltlichen Staaten, war 
jedoch deren Abhängigkeit vom Reiche fast nur nominell:). Die 
Reichsverbindung gewährte dem Könige von Preußen gewisse Rechte 
auf die Leitung des Reiches und damit auf seine schwächeren, noch 
mehr unter dem Reichseinflusse stehenden Mitstände. Dagegen ist 
andererseits eine Einwirkung des Reiches auf die preußischen Gebiete 
kaum mehr sichtbar. Nur insofern äußerte sie sich noch, als das 
Reich keinen preußischen Einheitsstaat, sondern lediglich einzelne unter 
dem Könige von Preußen durch Personalunion verbundene Gebiete 
kannte und somit die rechtliche Verschmelzung des Gesamtstaates zum 
Einheitsstaate hinderte. Da jedoch tatsächlich diese Verschmelzung seit 
Friedrich dem Großen vollendet war, konnte die rechtliche Form 
gleichgültig erscheinen. 
Annalen 1876, S. 641 ff.; G. Meyer a. a. O. S. 661 ff.; Häuel 
a. a. O., 1877, S. 78 ff.; Jelliuck, Lehre von den Staatenver- 
bindungen, Wien 1882; Bric, Theorie der Staatenverbindungen, 
Breslau 1883; v. Rönne-Zorn, Pr. St.-N., Bd. 1, S. 118 ff.: 
H. Schulze-Gaevernitz, Pr. St.-R., Bd. 2, S. 567 ff. Weitere 
Literaturangaben bei Laband a. a. O. 
2) Das Allgemeine Landrecht erwähnt das Reich nur noch an zwei 
untergeordneten Stellen I, 11, § 1026 und lI, 11, § 1078. Dagegen 
spricht es nicht von „Staaten“, sondern nur vom „Staate“ schlecht- 
hin, vgl. z. B. 8 1 II, 13.
	        
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