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recht die Normen, nach denen der Staat seine Herrschaft durch andere
ausüben läßt!). Davon scheiden jedoch die Gebiete aus, die wie Straf—
und Prozeßrecht zwar auch Regelung der Behördentätigkeit sind, sich
aber geschichtlich längst zu besonderen Rechtsdisziplinen entwickelt haben.
Der Staat ist nun die unabhängige Herrschaft über Land und
Leute. Diejenigen Rechtssätze, welche die Ausübung der Herrschaft durch
den Staat selbst, d. h. den König, zum Gegenstande haben, zerfallen
1) Die Bestimmung der Grenzen zwischen Verfassungs- und Ver-
waltungsrecht, insbesondere zwischen einem Teile des Verfassungsrechtes,
der Regierung, und der Verwaltung ist außerordentlich schwierig, und
die Feststellung einer klaren Grenze zwischen beiden in der bisherigen
Literatur noch nicht gelungen. Man kann in ihr drei Nichtungen
unterscheiden. Die eine weist das Verwaltungsrecht aus dem Staats-
rechte überhaupt aus, die andere verschmilzt es vollständig mit dem
Verfassungsrechte, die dritte trennt zwar Verfassungs= und Verwal-
tungsrecht, erkennt jedoch beide als Bestandteile des Staatsrechtes an,
ohne aber einen festen Einteilungsgrund zu finden. Die erste Nich-
tung ist begründet von Gerber, Grundzüge eines Systems des
deutschen Staatsrechtes, Beilage III, ihr Hauptvertreter ist gegen-
wärtig Laband. Hiernach wird das Verwaltungsrecht aus dem
Staatsrechte verwiesen und ihm ein von diesem wesentlich
verschiedener Charakter beigelegt. Laband — Archiv für ösffent-
liches Recht, II, S. 155 — spricht dem Verwaltungsrechte über-
haupt seinen einheitlichen Charakter ab und erklärt es für eine
Verbindung aus Privat-, Straf-, Staats= und ProzeHrecht, womit es
seine Berechtigung als besonderes Rechtsgebiet zweifellos verloren hätte.
Die zweite Richtung, die verbreitetste, deren Vertreter man daher nicht'
aufzuzählen braucht, knüpft die Verwaltung unmittelbar an einen Teil
des Verfassungsrechtes, das Regierungsrecht, an und unterscheidet gar
nicht zwischen Regierungs= und Verwaltungsrecht. Jür die dritte Rich-
tung, welche Verfassungs-- und Verwaltungsrecht treunt, aber beide als
Bestandteile des Staatsrechtes auffaßt, bilden meist Zweckmäßigkeits-
gesichtspunkte den Einteilungsgrund. Hiernach soll das Staatsrecht
die obersten Grundsätze, das Verwaltungsrecht die Einzelheiten zum
Gegenstande haben. Das entspricht der französischen Scheidung von
Qouvernement und Administration. Aber zwischen beiden gibt es keine
feste Grenze. Sie wird auch nicht dadurch gewonnen, daß man mit
L. Stein, Verwaltungslehre, Teil I, 2. Aufl., Stuttgart 1869, im
Anschlusse an die Hegelsche Philosophie die Gesetzgebung als Wille,
die Regierung als Tat an sich, die Verwaltung als konkrete Tat
bezeichnet. Denn der Wille tritt erst durch die Tat in Erscheinung,
und was ist Tat an sich, und was konkrete Tat?7