Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 13 Systematik des preußischen Staatsrechtes. 77 
dem Wesen des Herrschaftsverhältnisses entsprechend in zwei Gruppen. 
Die eine bestimmt die Herrschaftsfaktoren, d. h. Subjekt und Objekt 
der Herrschaft und im konstitutionellen Staate die organisierte Mit- 
wirkung der Staatsangehörigen bei Ausübung der Staatsherrschaft 
in der Volksvertretung, die andere die Formen der eigenen Ausübung 
dieser Staatsherrschaft. Demnach ergibt sich die Haupteinteilung des 
Verfassungsrechtes in zwei Abteilungen, deren eine von den Faktoren, 
deren andere von den Funktionen der Staatsherrschaft handelt. 
Die Faktoren der Herrschaft ergeben sich aus deren Begriffe 
als einer Tätigkeit, es sind Subjekt, Objekt und dessen Ver- 
tretung. Subjekt der Herrschaft ist der König, Objekt einerseits das 
Land als die dingliche und andererseits die einzelnen Staatsange- 
hörigen als die persönliche Grundlage der Staatsherrschaft. Daran 
schließt sich die Volksvertretung als die Vertretung der Gesamtheit 
der Staatsangehörigen. Die Volksvertretung des monarchischen Staates 
ist nicht Subjekt oder Mitträger der Staatsherrschaft. Sie ist aber 
ebensowenig ein Organ der Herrschaft, welches namens des Königs 
dessen Herrschaftsrechte ausübte wie die Behörden. Weder eigenes 
noch abgeleitetes Herrschaftsrecht steht ihr zu. Wie schon der Name 
sagt, ist sie die Vertretung des Volkes und als solche berufen, in 
gewissen Fällen, in denen die Ausübung der Herrschaft bedingt ist 
durch die Uebereinstimmung des Herrscherwillens mit dem Volkswillen, 
ihre Zustimmung zu geben. 
Was die Ausübung der Staatsherrschaft durch den König be- 
trifft, so ist diese geknüpft an die Beobachtung verschiedener ver- 
fassungsrechtlichen Formen. In dem einen Gebiete der Staatstätig- 
keit ist der Herrscher bei Ausübung des einzelnen Herrschaftsaktes 
an keine besonderen Formen gebunden. Die Herrschertätigkeit kann 
sich allerdings nur bewegen innerhalb der gesetzlichen Schranken, der 
einzelne Herrschaftsakt ist aber an keine anderen Formen geknühpft 
als diejenigen, denen alle Herrschaftshandlungen unterliegen, z. B. die 
Gegenzeichnung der Minister. Dieses Gebiet der alleinigen persön- 
lichen Entscheidung des Herrschers ist die Regierung. Bei anderen 
Maßregeln ist dagegen der Herrscher an die Mitwirkung der Volks- 
vertretung derart gebunden, daß die betreffende Anordnung nur er- 
gehen kann, nachdem die Volksvertretung ihre Zustimmung erteilt 
hat. Es ist der Herrscher, von dem die Anordnung ausgeht, aber in 
Uebereinstimmung mit dem Willen der Volksvertretung. Dies ist das
	        
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