8 14 Die Hausgesetze. 81
Erbfolge berufenen Sohn und seine Nachkommen, da es dem Erblasser
freistand, über seinen Besitz Bestimmungen zu treffen, wogegen nur
der nächste Erbe ein Widerspruchsrecht hatte. Dieses Widerspruchsrecht
der nächsten Erben war aber durch deren Zustimmung beseitigt. Durch
eine solche letztwillige Verfügung war somit die Unteilbarkeit eines
Gebietes ein- für allemal festgesetzt. Wurde einer derartigen, mit Zu-
stimmung der Söhne getroffenen letztwilligen Verfügung die an und
für sich nicht notwendige kaiserliche Genehmigung womöglich mit Zu-
stimmung der Reichsstände auf einem Reichstage erteilt, so hatte die
Verfügung nicht nur den Charakter eines Familienvertrages, sondern
auch den eines Reichsgesetzes:).
II. Es konnten sich mehrere regierende Herren vereinigen über
die gegenseitige künftige Erbfolge und bei dieser Gelegenheit die Teil-
barkeit des Gebietes ausschließen oder beschränken. Diese Vereinbarung
hatte dann den Charakter eines Erbvertrages. Dessen Verbindlichkeit,
insbesondere hinsichtlich der darin ausgesprochenen Unteilbarkeit und
Erbfolgeordnung, für die Nachkommen der Vertragschließenden ergab
sich aus demselben Grunde wie bei den einseitigen letztwilligen Ver-
fügungen. Die Besitzer trafen mit Zustimmung ihrer nächsten Erben
durch den Erbvertrag eine Verfügung, welche durch die Aufhebung
des Widerspruchsrechtes der nächsten Erben auch deren Rechtsnachfolger
band. Auch diese an und für sich nur subjektive Berechtigungen be-
gründende Vereinbarung konnte durch die kaiserliche Bestätigung ob-
jektives Recht, Reichsgesetz, werden.
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2) Der Geraer Hausvertrag von 1603 — H. Schulze, Haus-
gesetze, Bd. 3, S. 710 — sagt daher von der Achillea von 1473, bei
der alle jene genannten Voraussetzungen zutrafen: „ darfür
geachtet, das Churfürst Alberti Achillis verordnung, welche auch keyser
Fridrich der driette ausm Reichstage in aller Stende versamblung mit
derselbenn Vorwissenn, bewilligung und volwordt confirmiret hatt, wie
imgleichenn mit vorbewust conseuß und Volwordt, Ihr: G. Söhnn,
gemacht ist, von unus unnd unsern nachkommenn, vonn nuhn
ahn zue Ewigenn Zeitenn zue haltenn, wie dann bieselbe pro Pacto, pro
statuto samiliae, qduod transit in sormam contractus, ja weil dieselbe derge-
stallt, wie angezogenn, confirmiret, pro pragmatica sanctione et lege publica
zue achtenn ...“ Der doppelte Charakter der Achillea als Vertrag
und als objektives Recht ist hier mit unübertrefflicher Klarheit ausge-
sprochen.
Bornbat, Dreußlsches Staatsrecht. I. 2. Kufl. 6