8 14 Die Hausgesetze. 83
möglich waren. Dieser Widerspruch, schon teilweise beseitigt durch die
seit dem Anfange des 18. Jahrhunderts einseitig vom Könige er-
lassenen hausgesetzlichen Bestimmungen, ist vollständig erst gehoben
worden durch die preußische Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850,
insbesondere durch deren Art. 53. Dieser erklärt die Krone den könig-
lichen Hausgesetzen gemäß für erblich in dem Mannesstamme des könig-
lichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen
Linealfolge. Durch diese Bezugnahme der Verfassungsurkunde auf die
Hausgesetze sind diese selbst, soweit sie die Thronfolge regeln, ein
integrierender Bestandteil der Verfassungsurkunde geworden und damit
in das öffentliche Recht Preußens übergegangen, ohne daß der privat-
rechtliche Ursprung der Hausgesetze weiter in Betracht käme. Die Haus-
gesetze unterliegen daher in diesen ihren Bestimmungen nicht mehr
der Abänderung im Wege der autonomen Satzung des königlichen
Hauses, sondern nur im Wege der Verfassungsänderung. Ein solches
Gesetz, welches die Bestimmungen der Hausgesetze über die Thronfolge
ändert, bedarf auch nicht mehr der Zustimmung der Agnaten des
königlichen Hauses. Denn da das königliche Haus selbst der Verfassung
und den Gesetzen des Staates unterworfen ist, und ihm eine Auto-
nomie nur innerhalb der Schranken des Gesetzes zusteht, so tritt jedes
Gesetz, selbst wenn es Individualrechte der Mitglieder des königlichen
Hauses aufheben sollte, auch ohne deren Zustimmung in Krafts). Eben-
so sind andere Bestimmungen der Hausgesetze, wie die über das
Domänenrecht, Staatsgesetz geworden, welches der Abänderung im Wege
der gewöhnlichen Gesetzgebung unterliegt. Noch andere Anordnungen
der Hausgesetze, z. B. die über die Regierungsvormundschaft, sind
vollständig durch die neuen Bestimmungen der Verfassungsurkunde er-
setzt worden.
5) Vgl. im übrigen aber die Streitfrage der Entziehbarkeit des
agnatischen Rechts durch Staatsgesetz 8 28. Unbenommen bleibt es
der Hausgesetzgebung des einzelnen Hauses für seine Aenderung eine
Zustimmung der Agnaten vorzusehen, wie z. B. das oldenburgische
von 1872. Aber es ist unrichtig, wie Rehm a. a. O. S. 109 be-
hauptet, daß dies neueres gemeines Recht sei. Für Preußen trifft
es jedenfalls nicht zu. Unhaltbar ist überhaupt der Rehmsche Ge-
danke von einer doppelten Rechtsordnung, Hausrecht und Verfassungs-
recht, die unabhängig nebeneinander hergingen. Das Hausrecht be-
steht nur innerhalb des Rahmens des Verfassungsrechtes.
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