§ 15 Das vom Staate gesetzte Recht. 9
als Gesetzgeber kann seinen Willen aussprechen, in welcher Form er
will, also auch mündlich. In diesem Falle wird dem königlichen Befehle
gemäß die Anordnung von der beauftragten Behörde getroffen unter
Beifügung der Bemerkung: „Auf Allerhöchsten Spezialbesehl“. Da-
durch kennzeichnet sich die Anordnung der Behörde als unmittelbarer
Wille des Königs und erhält mit einer vom Könige vollzogenen An-
ordnung gleiche Kraft. Wenn dagegen diese Bemerkung sehlt, so kann
die Anordnung der Behörde nur als Dienstanweisung für die ihr
untergeordneten Organe gelten. Ihrem Inhalte nach ist die auf Aller-
höchsten Spezialbefehl getroffene Verordnung der Behörde entweder ein
Gesetz oder eine verwaltungsrechtliche Verordnung. Hat sie den Cha-
rakter eines Gesetzes, so wird sie gleich diesem nur durch die Publi-
kation allgemein verbindlich.
Seit Erlaß der oktroyierten Verfassungsurkunde vom 5. Dezem-
ber 1848 übt dagegen der König das Recht der Gesetzgebung nur in
Gemeinschaft mit dem Landtage aus. Alle Rechtsnormen zerfallen
daher seitdem nach ihrer Entstehungsart in drei Arten:
1. Gesetze sind jetzt alle vom Könige in Uebereinstimmung mit
den beiden Häusern des Landtages getroffenen Anordnungen. Das
entscheidende Kennzeichen ist also nicht mehr der Inhalt der Ver-
ordnung, sondern die Form des Zustandekommens.
2. Königliche Verordnungen mit Gesetzeskraft können unter ge-
wissen Voraussetzungen ergehen über Gegenstände, die sonst ein Gesetz,
d. h. die vorherige Zustimmung beider Häuser des Landtages erfordern.
Es ist dies nach Art. 63 der Verfassungsurkunde zulässig, wenn die
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder die Beseitigung eines
ungewöhnlichen Notstandes es dringend erfordert, sofern die beiden
Häuser des Landtages nicht versammelt sind, und zwar unter Ver-
antwortlichkeit des gesamten Staatsministeriums. Bei dem nächsten
Zusammentritt beider Häuser des Landtages sind sie diesem zur Ge-
nehmigung sofort vorzulegen.
3. Einfache königliche Verordnungen. Sie können gleich den
Gesetzen eine Rechtsnorm oder nur eine Anordnung tatsächlichen In-
halts zum Gegenstande haben. Als Rechtsquellen kommen jedoch nur
erstere in Betracht. Die Verfassungsurkunde Art. 45 neunt besonders
Verordnungen zur Ausführung von Gesetzen, es sind jedoch auch
andere königliche Verordnungen möglich. Gegenstand der einfachen.