Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

§ 98 Das System der Kommunalverwaltung. 107 
Bei Lösung seiner Aufgaben bedient sich weiter der Kom- 
munalverband eigener Geldmittel. Der Haushaltsetat der Kommune 
ist von dem des Staates verschieden. Die Korporation ist Trägerin 
eigener Vermögensrechte und Pflichten. Sie besitzt ein eigenes 
Vermögen, dessen Eigentümerin sie und nicht der Staat ist. In 
seinen privatwirtschaftlichen Beziehungen gilt der Kommunalver= 
band als Privatrechtssubjekt und ist dem Privatrechte der Zivil- 
gerichtsbarkeit unterworfen. Aber er ist auch in finanzieller Hin- 
sicht mehr. Soweit die privatrechtlichen Einnahmen nicht aus- 
reichen, schreibt die Korporation selbst nach Maßgabe der in dieser 
Beziehung vom Staate erlassenen Rechtsnormen Abgaben von 
den in ihrem Machtbereiche befindlichen Personen aus. Auch diese 
Leistungen fließen in die Kasse der Korporation. Selbst wenn 
der Staat den Kommunalverbänden für gewisse Zwecke unmittel- 
bar Zuschüsse leistet, bleibt die Kommunalverwaltung eine Ver- 
waltung aus den Mitteln der Korporation. Denn der Staat 
zahlt keinem mittelbaren Beamten seine Besoldung aus, er unter- 
hält kein Gemeindehaus oder Bureau, er gewährt nur der Kom- 
munalkasse eine Geldsumme, und diese trägt ihrerseits sämtliche 
Kosten der kommunalen Verwaltung. Ist es bei der allgemeinen 
Landesverwaltung zwar das regelmäßige, aber doch nicht das 
notwendige Verhältnis, daß ihre Kosten von der Staatskasse ge- 
tragen werden, so erscheint es für die Kommunalverwaltung not- 
wendig, daß sie aus den Mitteln der Korporation geführt wird. 
Die Kommunalverwaltung muß stets auch finanziell Kommunal- 
last sein. 
Hiermit ist das Wesen der kommunalen Verwaltung er- 
schöpft und charakterisiert. Die Kommunalverwaltung ist also die 
Erfüllung staatlicher Aufgaben durch einen öffentlichen Verband 
in einem gewissen Gebiete mit den Herrschaftsmitteln des Staates 
durch die Organe der Korporation und aus deren Vermögen nach 
Maßgabe der vom Staate erlassenen Rechtsnormen. Altes andere, 
was man sonst noch der Kommunalverwaltung wesentlich erklärr 
hat, kommt nicht weiter in Betracht. 
Insbesondere ist hiernach gleichgültig die größere oder ge- 
ringere Selbständigkeit der kommunalen Verwaltung. 
Im Mittelalter gab sich die Gemeinde ihre Verfassung selbst 
in Form der autonomen Satzung und war allenfalls durch sie
	        
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