8 100 Geschichtliche Entwicklung der Städteverfassungen. 117
und Reglements, vermöge deren nach Beseitigung der städtischen
Selbständigkeit unter dem Großen Kurfürsten und Friedrich Wil-
helm I. von Staats wegen die städtischen Angelegenheiten geregelt
wurden. Nur als subsidiäre Rechtsquelle, soweit das Partikularrecht
der einzelnen Städte nicht ausreichte, hatte das ALR. II, 8 eine
Städteordnung gegeben, die sich durchaus an den bestehenden Rechts-
zustand anschloß.
Von einer städtischen Selbständigkeit konnte schon seit Anfang
des 18. Jahrhunderts nicht mehr die Rede sein. Der Umfang
der städtischen Kommunalverwaltung war allerdings weit größer als
heute. Es gehörte dazu nicht nur die Handhabung der Wohlfahrts-
pflege und die Verwaltung des städtischen Vermögens, sondern
auch die Sicherheitspolizei und die Gerichtsbarkeit, welche noch
aus dem Mittelalter her kommunale Aufgaben der städtischen Ge-
meinschaft bildeten. Diese kommunale Tätigkeit wurde aber nicht
innerhalb der gesetzlichen Schranken nach dem freien Ermessen
der städtischen Behörden geübt. Vielmehr waren letztere in jeder
einzelnen Amtshandlung an die Anweisungen oder an die Ge-
nehmigung der vorgesetzten Staatsbehörden, insbesondere des als
Kommissar der Provinzialbehörde für je eine Anzahl von Städten
bestellten Aufsichtsorganes, des Commissarius loci oder Steuer-
rates, gebunden. Die städtischen Organe handelten daher entweder
auf Befehl oder mit ausdrücklicher Genehmigung der Staats-
behörden. Die Staatsaussicht über die städtische Verwaltung war
so weit ausgedehnt, daß sie aufhörte, bloße Aufsicht zu sein und
zur unmittelbaren Staatsverwaltung wurde, bei der der Staat sich
lediglich der Hilfe der städtischen Behörden als seiner ausführenden
Organe bediente.
Die städtischen Behörden, die Magistrate, gingen nicht aus der
Wahl der Bürgerschaft hervor, sie ergänzten sich selbst unter Be-
stätigung der Staatsbehörden. Die Selbstergänzung schwächte sich
jedoch vielfach zu einem bloßen Vorschlagsrechte ab, während
andererseits das staatliche Bestätigungsrecht sich zum Ernennungs-
rechte verstärkte. Das ALR. II, 8 88 120 ff. läßt die Frage, ob
der Magistrat zu wählen oder vom Landesherren zu bestellen ist,
nach den Privilegien und Statuten jedes Orts und in deren Er-
mangelung nach den Provinzialgesetzen entscheiden, spricht jedoch
im Zweifel der Gemeinde das durch den Magistrat auszuübende