118 Das Verwaltungsrecht. 8 100
Wahlrecht zu. Die Magistratsmitglieder erhielten ihre Besoldung
aus der Stadtkasse, jedoch nach Maßgabe der staatlich festgestellten
Etats. Für die Tätigkeit eines städtischen Vertretungsorganes war
bei dieser Ausdehnung des staatlichen Einflusses eigentlich kein
Platz. Nur bei Verfügungen über das Kämmereivermögen sollten
die Repräsentanten oder Stadtverordneten ihre Zustimmung geben
und bei der Rechnungslegung des Kämmerers dann zugezogen
werden, wenn die Bürgerschaft aus eigenen Mitteln zu den Aus-
fällen der Kämmerei beizutragen hatte. Die Repräsentanten gingen
hervor aus der Wahl der Zünfte und sonstiger in der Stadt be—
stehenden Genossenschaften.
Das Eigentümliche der städtischen Verfassung des 18. Jahr-
hunderts ist also die Aufrechterhaltung des kommunalen Charakters
der städtischen Ortsverwaltung einschließlich der Gerichtsbarkeit und
Polizei unter Beseitigung jeder kommunalen Selbständigkeit. Die
Städte stehen nicht nur unter unmittelbarer Staatsaufsicht, sondern
gleichsam unter unmittelbarer Staatsverwaltung ohne erhebliche
Beteiligung der Bürger an den städtischen Angelegenheiten. Gleich-
wohl bleibt die ganze Verwaltung kommunal, auch wird sie geführt
mit den Mitteln der städtischen Gemeinde.
Im Jahre 1808 war die Umgestaltung der städtischen Ver-
fassung eine der ersten Maßregeln der Reformtätigkeit, nicht etwa
weil der Rechtszustand der Städte besonders reformbedürftig ge-
wesen wäre, die Verwaltung des flachen Landes war es in viel
höherem Maße, sondern weil hier die nötigen Voraussetzungen
der Reform, welche den ganzen Staat umfassen sollte, vorlagen.
Die Städteordnung vom 19. November 1808 ist daher nur ver-
ständlich im Rahmen des Steinschen Reformplanes überhaupt2).
Das Interesse und der Anteil der einzelnen Staatsangehörigen an
den Geschicken des Skaates sollte erweckt werden durch ihre per-
sönliche Tätigkeit im Dienste des Gemeinwesens, und zwar zunächst
in dessen kleinsten Kreisen, den Gemeinden. Während die Durch-
führung dieses Planes auf dem flachen Lande vor Lösung der
gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse unmöglich war, lagen in den
Städten die nötigen sozialen Voraussetzungen dazu vor, und deshalb
konnte das größte Werk Steins, die Städteordnung von 1808,
gelingen.
2) Vgl. 8 7.