120 Das Verwaltungsrecht. 9 100
einheitlichen Gesichtspunkten, die Tätigkeit der einzelnen Bürger im
Dienste der Gemeinde mit der Notwendigkeit der Leitung durch
berufsmäßige Beamte, die freie Entwicklung mit der Staatseinheit.
Die Mängel der Städteordnung machten jedoch sehr bald
zahlreiche Abänderungen und Ergänzungen erforderlich. Deshalb
erschien die Uebertragung der Städteordnung von 1808 auf die
im Jahre 1815 neu= oder wiedererworbenen Landesteile bedenk-
lich. Vielmehr wurde unter Zugrundelegung der Steinschen Städte-
ordnung eine Durchsicht veranstaltet und am 17. März 1831
als revidierte Städteordnung verkündet. Sie hält die Grundlagen
der Städteordnung von 1808 in jeder Beziehung fest, verbessert
aber deren Einzelbestimmungen erheblich, insbesondere durch eine
bessere Regelung des Verhältnisses von Magistrat und Stadt-
verordneten und durch eine zweckentsprechende Ausdehnung der
staatlichen Aufsicht. Die revidierte Städteordnung wurde in den
Städten der östlichen Provinzen, in denen die von 1808 nicht galt,
mit Ausnahme von Neuvorpommern und Rügen, ferner in West-
falen und in einzelnen rheinischen Städten eingeführt. Im übrigen
erging für die Rheinprovinz am 23. Juli 1845 eine gemeinsame
Gemeindeordnung für Stadt und Land, die sich eng an das bisher
in der Rheinprovinz geltende französische Gemeinderecht anschloß.
Die Städteordnungen von 1808 und 1831 und die rheinische
Gemeindcordnung von 1845 bestanden also nebeneinander, während
für Neuvorpommern und Rügen die früheren Stadtverfassungen
aufrechterhalten wurden.
Nach Erlaß der Verfassungsurkunde machte man den Versuch,
alle bisherigen Gemeindegesetze zu ersetzen durch eine für alle
Provinzen und für Stadt und Land gemeinsame Gemeindeordnung
vom 11. März 1850. Diese Gemeindeordnung wich in erheblichen
Punkten von den Grundlagen der preußischen Stadtverfassungen
ab und näherte sich vielfach dem rheinisch-französischen Gemeinde-
rechte. Der maßgebende Gesichtspunkt war nicht mehr die Regelung
des Dienstes der Bürger für ihr Gemeinwesen, sondern die Be-
stimmung der Rechte und des Einflusses der einzelnen auf die
Entwicklung der Gemeinde. Der Versuch einer allgemeinen Ge-
meindeordnung scheiterte jedoch an der inneren Verschiedenheit von
Stadt und Land wie der einzelnen Landesteile untereinander.