Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

158 Das Verwaltungsrecht. § 106 
lich auf das Ortsstatut verweist und dadurch den einzelnen Städten 
einen freieren Spielraum läßt, als bei unmittelbarer gesetzlichen 
Regelung möglich wäre, soll jede Stadt ein Ortsstatut errichten. 
Es muß die nötigen Festsetzungen über alle Punkte enthalten, 
für welche nähere statutarische Vorschriften gesetzlich erforderlich 
sind, und es kann auch Bestimmungen über andere, die städtische 
Verfassung und Verwaltung betreffende Gegenstände geben, hin- 
sichtlich deren gesetzlich Verschiedenheiten gestattet sind, oder das 
Gesetz keine ausdrücklichen Bestimmungen enthält, ohne daß je- 
doch je ein Ortsstatut den bestehenden Gesetzen widersprechen dürfte. 
Die Ortsstatute kommen in derselben Weise zustande wie 
alle anderen Beschlüsse in Kommunalangelegenheiten. Sie be- 
dürfen der Bestätigung des Bezirksausschusses, in Berlin des 
Oberpräsidenten (§8 9, 11 O., W., §8 8, 10 Rh., §§ 2, 8, 9 H., 
88 17, 18 Sch.-H., § 13 H.-N., §8 2, 3 Frkft., § 16 Abs. 3 
3G.). 
Was Gegenstand der städtischen Kommunalverwaltung ist, 
wird gesetzlich nirgends grundsätzlich ausgesprochen. Nur in zahl- 
losen Einzelbestimmungen werden diese oder jene Angelegenheiten 
der Kommunalverwaltung überwiesen, ebenso bleibt es der Stadt 
unbenommen, auch andere, auf welche der Staat seine Tätigkeit 
noch nicht selbst ausgedehnt hat, in den Kreis der kommunalen 
Verwaltung aus eigenem Entschlusse, ohne daß eine staatliche 
Rechtsnorm dazu nötigte, zu ziehen. Unzulässig ist dagegen eine 
Beschäftigung der städtischen Behörden mit allgemeinen staatlichen 
Angelegenheiten:). Eine Aufzählung der Gegenstände der Kom- 
munalverwaltung an dieser Stelle wäre daher einerseits zwecklos, 
andererseits aber auch unmöglich, da die bestehende Rechtsordnung 
sie nirgends erschöpft. 
Nur soviel kann hier hervorgehoben werden, daß die städtische 
Kommunalverwaltung sich einzig und allein auf dem Gebiete der 
Wohlfahrtspflege bewegt, da alle anderen Aufgaben des Staates 
durch dessen unmittelbare Verwaltung erfüllt werden. 
  
2) Diese stehen den besonderen örtlichen Interessen gegenüber. Die 
Grenze ist flüssig. So hat das O#. in der Entsch. vom 10. März 
1886, Bd. 13, S. 89, eine Petition der Stadtverordneten zu Stettin 
gegen Erhöhung der Getreidezölle als durch die besonderen örtlichen 
Interessen der Seehandelsstadt gerechtfertigt für zulässig erklärt. Aehnlich 
Entsch. des O#G. vom 7. März 1902, Bd. 41, S. 35.
	        
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