Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

200 Das Verwaltungsrecht. 8 110 
Der Verbandsvorsteher und sein Vertreter werden, wenn die 
Satzung nichts anderes vorsieht, vom Verbandsausschusse aus der 
Zahl seiner Mitglieder auf eine zu bestimmende Amtszeit gewählt. 
Die Wahl bedarf, wenn der Gewählte nicht schon anderweitig im 
Vorstande der Verwaltung eines beteiligten Verbandes tätig ist, 
der Bestätigung der Kommunalaufsichtsbehörde. Sonst entscheidet 
über die Gültigkeit der Wahl der Verbandsausschuß vorbehaltlich 
der Klage beim Kreis= oder Bezirksausschusse. Der Verbandsvor- 
steher führt den Vorsitz im Verbandsausschusse und gibt, wo ein- 
fache Stimmenmehrheit genügt, bei Stimmengleichheit den Aus- 
schlag (88 15, 16 ZV.). 
Zweckverbände können für die mannigfachsten kommunalen 
Zwecke gebildet werden. Insbesondere ist die Bildung zur gemein- 
schaftlichen Festsetzung und Durchführung von Straßen= und Bau- 
fluchtlinienplänen zulässig, womit die entsprechenden Rechte und 
Pflichten der Gemeinden auf den Zweckverband übergehen, und 
Gutsbezirke den Gemeinden gleich geachtet werden. Die Zweck- 
verbände können ferner Gesamtarmenverbände oder Gesamtwege- 
verbände sein. Nur hinsichtlich der Gesamtschulverbände verbleibt 
es bei den Bestimmungen des Schulunterhaltungsgesetzes vom 
28. Juli 1906. Sonst findet das Gesetz auch auf die schon bestehen- 
den Zweckverbände Anwendung nur mit der Maßgabe, daß ihre 
Satzungen in Geltung bleiben, bis sie vorschriftsmäßig abgeändert 
sind. Die Bestimmungen der Landgemeindeordnungen für die 
östlichen Provinzen, Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau über 
die Zweckverbände sind im übrigen aufgehoben. Nur die be- 
sonderen Bestimmungen über Feuerspritzen= und Bullenhaltungs- 
verbände bleiben unberührt (88 3, 4, 8, 25 3V.). 
Zur Deckung seiner Verwaltungskosten kann der Zweckverband 
nach Maßgabe des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 
Gebühren und Beiträge erheben. Im übrigen werden die Kosten 
auf die Verbandsmitglieder nach dem Maßstabe ihrer Beteiligung 
an den Aufgaben des Zweckverbandes oder ihrer Kreis= oder 
Provinzialbesteuerung oder nach dem Staatssteuersoll oder nach 
einem sonstigen Maßstabe umgelegt. Jedem Verbandsmitgliede 
bleibt es aber überlassen, wie es die Umlagen nach Maßgabe seiner 
Verfassung aufbringen will. In selbständigen Gutsbezirken, die 
nicht im alleinigen Eigentume des Gutsbesitzers stehen, oder in
	        
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