Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

212 Das Verwaltungsrecht. § 111 
suche Steins und des ihm folgenden Ministeriums Dohna-Alten- 
stein, die politische Herrschaftsstellung des Großgrundbesitzes durch 
Aufhebung der gutsherrlichen Polizei und Gerichtsbarkeit zu be- 
seitigen, mußten daher im Sande verlaufen, da sie sich im vollen 
Widerspruche befanden mit den noch vorhandenen wirtschaftlichen 
Zuständen, die sich in der politischen Herrschaft des Großgrund- 
besitzes Geltung verschafften. 
Die Hardenbergische Reformgesetzgebung löste auf der Grund- 
lage des Regulierungsediktes vom 14. September 1811 in jahr- 
zehntelanger, mühsamer Arbeit die wirtschaftliche Abhängigkeit der 
Bauerngüter von den Rittergütern und schuf damit die erste un- 
umgängliche Voraussetzung zur Beseitigung der Gutsherrlichkeit, 
einen lebensfähigen freien Bauernstand. Dagegen blieb der Zu- 
stand der Landgemeindeverfassungen im OÖsten nach einem ver- 
fehlten Reformversuche durch das Gendarmerieedikt vom 30. Juli 
1812 im ganzen unverändert bis zum Jahre 1848. Die Tätig- 
keit der Ablösungsbehörden hatte um diese Zeit die größeren 
regulierungsfähigen Güter meist von den auf ihnen zugunsten 
der Rittergüter haftenden dinglichen Lasten befreit. Die guts- 
herrliche Gerichtsbarkeit und Polizei bildete jetzt nicht mehr den 
Ausdruck der bestehenden Gesellschaftsordnung, stand vielmehr, da 
die wirtschaftliche Grundlage fortgefallen war, vollständig in 
der Luft. 
Unter den Stürmen des Jahres 1848 schien daher das Schidcksal 
der Gutsherrlichkeit besiegelt. Die schon längst zu einem bloßen 
Iustizpatronate abgeschwächte gutsherrliche Gerichtsbarkeit wurde 
vollständig beseitigt durch die Verordnung vom 2. Januar 1849. 
Die Regulierungsgesetze vom 2. März 1850 dehnten die Ablösung. 
der auf den Bauerngütern zu Gunsten der Rittergüter ruhenden. 
Lasten auch auf dice kleinsten, bisher von der Regulierung ausge- 
schlossenen Besitzungen aus, so daß die Aufhebung jedes Abhängig- 
keitsverhältnisses nur noch als eine Frage kurzer Zeit erschien. 
Die bisherige ländliche Gemeindeverfassung unter Aufsicht der Guts- 
herren und die gutsherrliche Polizeigewalt waren damit zu voll- 
kommen unhaltbaren Einrichtungen geworden. Die Gemeinde- 
ordnung und das Polizeiverwaltungsgesetz, beide vom 11. März 
1850, versuchten daher eine durchgreifende Refsorm des bestehen- 
den Rechtszustandes und die Beseitigung der letzten Reste der-
	        
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