Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 112 Gegenwärtige Verfassung der Landgemeinden 2c. 219 
seinen Beschluß findet die Klage im Verwaltungsstreitverfahren 
statt (8 7—9 LGO., §8 7—8 H.--N., H.). 
Die politische Berechtigung in der Gemeinde, das sog. Ge- 
meinderecht, steht jedoch nicht allen Gemeindeangehörigen, sondern 
nur den Gemeindegliedern zus). Gemeindeglied ist jeder Gemeinde- 
angehörige, der 1. selbständig, d. h. mindestens 24 Jahrc alt, 
im Besitze eines eigenen Hausstandes und in der Verfügung über 
sein Vermögen nicht durch gerichtliche Anordnung beschränkt, 2. An- 
gehöriger des Deutschen Reiches ist, 3. die bürgerlichen Ehrenrechte 
besitzt, 4. seit einem Jahre, in Hessen-Nassau und Hohenzollern 
zwei Jahren in dem Gemeindebezirke seinen Wohnsitz hat, 5. keine 
Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln empfängt, 6. die auf 
ihn entfallenden Gemeindeabgaben gezahlt hat und außerdem 
7. a) entweder ein Wohnhaus in dem Gemeindebezirke besitzt, 
oder b) von seinem gesamten innerhalb des Gemeindebezirks be- 
legenen Grundbesitze zu einem Jahresbetrage von mindestens drei 
Mark — in Hohenzollern zwei Mark — an Grund= und 
Gebäudesteuer, oder c) zur Staatseinkommensteuer oder zu einem 
fingierten Normalsteuersatze von wenigstens 4 M. veranlagt ist 
oder eir Jahreseinkommen von mehr als 660 M. hat. Das Ge- 
meinderecht geht verloren beim Fortfalle einer seiner Voraus- 
setzungen. Es ruht bei Eröffnung des Hauptverfahrens wegen 
eines Verbrechens oder Vergehens, wegen dessen auf Ehrverlust 
erkannt werden kann, sowie bei Verhängung der gerichtlichen Haft bis 
zur Beendigung des Strafverfahrens, bei Eröffnung des Konkurses 
bis zur Beendigung des Verfahrens, bei Gewährung von Armen- 
unterstützung sechs Monate nach Empfang und bei nicht erfolgter 
Entrichtung der Gemeindeabgaben trotz Mahnung (88 39—44 
LGO., 88 9—15 H.-N., H.). 
Die Gemeindeglieder sind, soweit ihnen nicht bestimmte Ent- 
schuldigungsgründe zur Seite stehen, zur Uebernahme unbesoldeter 
Aemter in Verwaltung und Vertretung der Gemeinde auf mindestens 
drei Jahre verpflichtet. Die Erfüllung dieser Verpflichtung wird 
gegen den sich Weigernden durch Ausschluß von den politischen 
Gemeinderechten und durch stärkere Heranziehung zu den Ge- 
meindeabgaben um ein Achtel bis ein Viertel auf drei bis sechs 
5) Vgl. Spieß, Gemeindestimm= und Wahlrecht in den Land- 
gemeinden der sieben östlichen Provinzen, Berlin 1892. 
 
	        
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