Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

§ 112 Gegenwärtige Verfassung der Landgemeinden 2c. 227 
Selbstverwaltungn#). Diese Frage ist jedoch zu verneinen. Zu- 
nächst spricht dagegen, daß die Gesetzgebung selbst eine solche Gleich- 
stellung sorgfältig vermeidet. Der Gutsbezirk wird nicht für eine 
Gemeinde erklärt, in der Träger der Rechte und Pflichten der 
Gemeinde der Gutsbesitzer ist, sondern es werden dem Gutsbesitzer 
für seinen Gutsbezirk nur dieselben Leistungen auferlegt wie der 
Gemeinde für den Gemeindebezirk. Wollte man aber trotzdem die 
Verwaltung des Gutsbezirkes für eine kommunale erklären, so 
würde jeder Unterschied der kommunalen von der allgemeinen 
Landesverwaltung fortfallen. Denn staatliche Aufgaben in einem 
gewissen Gebiete mit den Herrschaftsmitteln des Staates, aber 
aus eigenem Vermögen erfüllt jeder unbesoldete Beamte der all- 
gemeinen Landesverwaltung. Tatsächlich ist die Verwaltung des 
Gutsbezirks nichts anderes als dies. Sie ist eine allgemeine Landes- 
verwaltung, die innerhalb der Gutsbezirke an die Stelle der 
Kommunalverwaltung tritt. 
Für den Bereich eines selbständigen Gutsbezirkes ist der Be- 
sitzer des Gutes zu den den Gemeinden für ihren Gemeinde- 
bezirk im öffentlichen Interesse obliegenden Pflichten und Leistun- 
gen verbunden. Insbesondere hat er die obrigkeitlichen Befugnisse 
und Pflichten des Gemeindevorstehers entweder persönlich oder 
durch einen von ihm zu bestellenden, zur Uebernahme des Amtes 
befähigten Stellvertreter auszuüben, der seinen beständigen Auf- 
enthalt im Gutsbezirke oder in dessen unmittelbarer Nähe haben 
muß. Sämtliche oder einzelne Gutsvorstehergeschäfte können auch 
an den Vorsteher einer benachbarten Gemeinde unter beider Zu- 
stimmung gegen angemessene Entschädigung übertragen werden. 
In diesen Pflichten werden Ehefrauen durch ihren Ehemann, 
Kinder unter väterlicher Gewalt durch ihren Vater, bevormundete 
Personen durch ihren Vormund oder Pfleger vertreten. Die Be- 
stellung eines Stellvertreters muß erfolgen, wenn 
1. das Gut unverheirateten oder verwitweten Besitzerinnen, 
einer juristischen Person, einer Aktiengesellschaft, eine Kommandit- 
gesellschaft auf Aktien, einer Berggewerkschaft oder einer ein- 
getragenen Genossenschaft gehört, oder wenn mehrere Besitzer sich 
nicht darüber einigen, wer von ihnen die Geschäfte des Guts- 
——. — 
  
14) Vgl. § 98. 
16*
	        
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