Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

§ 112 Gegenwärtige Verfassung der Landgemeinden 2c. 231 
Außer einem Kommunalverbande ist die Landgemeinde auch 
ein Bezirk der allgemeinen Landesverwaltung für die mannig- 
fachsten Geschäfte des staatlichen Polizei= und Finanzwesens. Ins- 
besondere kommt hier in Betracht die Handhabung der Orts- 
polizei. Der Gemeindevorsteher in den östlichen Provinzen und 
und Schleswig-Holstein bildet, wenn er nicht selbst Amtsvorsteher 
ist, dessen Organ, in Posen das des Distriktkommissars für die 
örtliche Polizeiverwaltung. Wo die Erhaltung der öffentlichen Ruhc, 
Ordnung und Sicherheit ein sofortiges polizeiliches Einschreiten 
notwendig macht, hat er daher das dazu Erforderliche vorläufig 
anzuordnen und ausführen zu lassen. Insbesondere hat der Ge- 
meindevorsteher das Recht und die Pflicht 
1. der vorläufigen Festnahme und Verwahrung einer Person 
nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 127 Str PrO., § 6 des Ges. 
vom 12. Februar 1850 zum Schutze der persönlichen Freiheit): 
2. der Beaufsichtigung der unter Polizeiaussicht stehenden 
Personen; 
3. der Ausführung von polizeilichen Maßregeln und Auf- 
nahme von Verhandlungen, die ihm von dem Amtsvorsteher, 
bez. Distriktskommissar, der Staats= oder Amtsanwaltschaft auf- 
getragen werden; 
4. der Entgegennahme der gesetzlich vorgeschriebenen Meldung 
neu anziehender Personen (88 90, 91 LG.). 
Die gleichen Obliegenheiten wie der Gemeindevorsteher hat 
der Gutsvorsteher innerhalb des selbständigen Gutsbezirks (8 122 
LGO.). 
In Hessen-Nassau und Hohenzollern hat der Bürgermeister, 
wenn die Handhabung der Ortspolizei nicht königlichen Behörden 
übertragen ist, die Ortspolizei, die Stellung eines Hilfsbeamten 
der Staatsanwaltschaft und die Verrichtungen des Amtsanwaltes 
beim Amtsgerichte seines Amtssitzes, ferner die örtlichen Geschäfte 
der Kreis-, Oberamts-, Bezirks-, Provinzial= und allgemeinen 
Staatsverwaltung, insbesondere die Standesamtsgeschäfte. In 
Gemeinden mit kollegialem Gemeindevorstand können die 
Standesamtsgeschäfte mit Genehmigung des Oberpräsidenten, in 
Hohenzollern des Regierungspräsidenten, andere der vorerwähnten 
Geschäfte mit Genehmigung des Regierungspräsidenten einem
	        
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