20 Das Verwaltungsrecht. § 89
die Gönnersche Ansicht von einer allgemeinen Staatsdienst-
pflicht der Untertanen dem heutigen Staatsrechte fremd, wenn eine
solche Pflicht auch an sich sehr wohl allen Untertanen auferlegt
werden könnte. Aber wer dem Staate dauernd seine Dienste als
Ehrenbeamter widmen muß, hat nicht nur wie der Geschworene
und Schöffe ein Amt, er ist auch Staatsdiener. Das leugnen
wollen, hieße sich mit dem positiven preußischen Staatsrechte in
Widerspruch setzen, das beispielsweise die Ehrenbeamten auch wegen
Handlungen außerhalb der Amtsobliegenheiten einem Disziplinar-
verfahren unterwirft. Besteht aber in zahlreichen Fällen eine Ver-
pflichtung zur Uebernahme des Staatsdienstes, so kann die Be-
gründung nicht allgemein durch Vertrag erfolgen.
§ 89. Rechtliches Wesen des Staatsdienstes.
Die patrimoniale Auffassung des Staates, welche in den
deutschen Mittel= und Kleinstaaten lange fortwirkt, behandelt und
bezeichnet die Beamten als Diener des Landesherrn. Die scharfe
Ausprägung des Staatsbegriffes in Preußen führt schon in der
landrechtlichen Gesetzgebung zu der Bezeichnung als Diener des
Staates oder Staatsdiener. Da die neuere Zeit jede Bezeichnung
verwirft, die an eine Unterordnung erinnert, verhält man sich
gegen den Staatsdiener ebenso ablehnend wie gegen den Unter-
tanen. Statt dessen kam die Bezeichnung „Beamter“ auf, wo-
runter man im 18. Jahrhundert den Domänenpächter, also gerade
einen Nichtbeamten verstand.
Das AfR. II, 10 gibt nun über das Beamtenverhältnis
folgende Bestimmungen:
„§ 1. Militär= und Zivilbediente sind vorzüglich bestimmt,
die Sicherheit, die gute Ordnung und den Wohlstand des Staates
unterhalten und befördern zu helfen.
8 2. Sie sind außer den allgemeinen Untertanenpflichten dem
Oberhaupte des Staates besondere Treue und Gehorsam schuldig.
8 3, Ein jeder ist nach der Beschaffenheit seines Amtes und
dem Inhalte seiner Instruktion, dem Staate noch zu besonderen
Diensten durch Eid und Pflicht zugetan.“
Damit ist in mustergiltiger Weise das Wesen des Staats-
dienstes als eines besonderen öffentlichrechtlichen Pflichtverhältnisses
bestimmt.