§ 117 Geschichtliche Entwicklung der Kreisverfassungen. 273
Titel führten, obgleich sie mit der obersten Verwaltung selbst gar
nicht mehr befaßt waren.
Auf Wunsch der brandenburgischen Kreiskommissare gewährte
der König im Jahre 1701 auch diesen den Landratstitel nur mit der
Maßgabe, daß den ersten Beamten der Altmark und Uckermark,
die nicht von einem einzelnen Kommissare, sondern von mehreren
als Kollegium verwaltet wurden, wie bisher der Titel eines Kreis-
direktors verblieb.
Damit war in den mittleren Provinzen die Kreisverfassung
nach im wesentlichen übereinstimmenden Grundzügen gestaltet. Der
Kreis umfaßt das flache Land und die von einem Gutsherren
abhängigen Städte, die Amts= und Mediatstädte, nicht dagegen
die Immediatstädte. Die ständigen Organe des Kreises sind der
Kreistag und der Landrat, oder an Stelle des letzteren in der
Altmark und der Uckermark das Kreisdirektorium. Die Aufgabe
des Kreistages besteht in der Verteilung der auf den Kreis ent-
fallenden Steuern auf die einzelnen Steuerpflichtigen. Da der
Kreis sich auch auf die landesherrlichen Aemter und die städtischen
Dörfer erstreckt, so treten zu den ursprünglichen Mitgliedern des
Kreistages, den Rittergutsbesitzern, hinsichtlich dieser seiner Tätig-
keit Vertreter der landesherrlichen Aemter und der Städte für
ihre Kämmereidörfer hinzu. Nur der Ritterschaft stand aber das
Recht des Vorschlages der Kreisbeamten zu. Der Landrat ist das
Organ für die Steuerverwaltung des Kreises und für landes-
polizeiliche Angelegenheiten. Dazu kommen noch verschiedene
mittlere und untere Beamte, wie ein Kreissteuereinnehmer, ein
Kreisausreiter und ein vom Landrate angenommener Privat-
schreiber, der Kreisschreiber, welcher sich später zum Kreissekretär
im heutigen Sinne entwickelt. Der Kreis ist Kommunalverband,
seine kommunalen Aufgaben bestehen in der Aufbringung der Ver-
waltungskosten des Kreises, die durch den Ueberschuß der ein-
kommenden Steuern über das vom Kreise zu entrichtende Kontri-
butionsquantum gedeckt werden, er ist aber gleichzeitig ein Bezirk
für die staatliche Steuer= und Polizeiverwaltung.
Die Bedeutung der neuen Kreisverfassung, welche fast ohne
jedes Eingreifen der Gesetzgebung aus älteren ständischen Ein-
richtungen im Wege der organischen Entwicklung hervorgegangen
Vornhak, Preußisches Staatsrecht II. 2. Aufl. 18