Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 117 Geschichtliche Entwicklung der Kreisverfassungen. 279 
Die Neubildung der kommunalen Organisation der Kreise 
brachten erst die in den Jahren 1825 bis 1828 für die ein- 
zelnen Provinzen erlassenen Kreisordnungen. Hieran schließen sich 
verschiedene Reglements über die Landratswahlen aus derselben 
Zeit und Verordnungen über den weiteren Ausbau der Kreis- 
kommunalverwaltung aus den Jahren 1841 und 1842. Die Kreis- 
ordnungen erklärten jeden Kreis für einen Kommunalverband und 
schufen als dessen beschließendes Organ einen Kreistag. Die 
Kreistage setzten sich durchgängig zusammen aus sämtlichen Ritter- 
gutsbesitzern des Kreises, denen ein Virilstimmrecht eingeräumt 
wurde, in der Regel je einem Vertreter jeder zu dem Kreise ge- 
hörigen Stadt und drittens Vertretern der Landgemeinden, die sich 
in den östlichen Provinzen auf drei in jedem Kreise, in den west- 
lichen Provinzen auf eine je nach den Verhältnissen entsprechend 
höhere Anzahl beliefen. Das Präsentationsrecht für die Landrats- 
stellen stand den Rittergutsbesitzern des Kreises dort, wo sie es 
1806 besessen hatten, im übrigen nur den ganzen Kreistagen zu. 
Der Hauptmangel dieser neuen Bildungen war das unver- 
hältnismäßige Uebergewicht der virilstimmberechtigten Ritterguts- 
besitzer über die anderen Besitzklassen, Städte und Landgemeinden, 
sowie der Mangel eigener Tätigkeit der Kreiseingesessenen bei der 
Kommunalverwaltung, geschweige denn bei der allgemeinen Landes- 
verwaltung des Kreises. Schon 1850 wurde daher der Versuch 
unternommen, durch die Kreis-, Bezirks= und Provinzialordnung 
vom 11. März 1850 die kommunale Organisation der Kreise 
auf anderen Grundlagen aufzubauen. Dieser Versuch scheiterte 
jedoch, da man in die entgegengesetzte Richtung verfiel und dem 
Großgrundbesitze nicht die seiner wirtschaftlichen und politischen 
Bedeutung entsprechende Vertretung sicherte. Die Kreisordnung 
wurde daher schon vor ihrer Einführung suspendiert, und der 
bisherige Rechtszustand wiederhergestellt. Die verschiedenen neuen 
Ansätze zu einer lebensfähigen Reform in den fünfziger und sechziger 
Jahren kamen nicht zur Durchführung. 
Für dic neuen Provinzen mußte die Hauptaufgabe der preußi- 
schen Verwaltung in den ersten Jahren darin bestehen, deren Ver- 
waltungseinrichtungen in möglichst schonender Weise denen der 
alten Provinzen anzunähern. Die Kreiseinteilung wurde daher 
swar überall durchgeführt, aber innerhalb dieser äußeren Ein-
	        
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