280 Das Verwallungsrecht. § 117
teilung nahm die Kreisverfassung eine sehr verschiedene Gestalt
an. Soweit bisher kleinere Verwaltungsbezirke bestanden hatten,
wie in Hannover, Nassau und Schleswig-Holstein, blieben sie er-
halten, ja in Hannover ruhte nach wie vor der Schwerpunkt der
Verwaltung derart in den Aemtern, daß für den Kreis gar kein
besonderes staatliches Organ bestellt, sondern die betreffende Ver-
waltung einem der Amtshauptleute des Kreises unter dem Titel
Kreishauptmann übertragen wurde. In allen neuen Provinzen
wurden den staatlichen Verwaltungsbeamten des Kreises Kreis-
stände nebengeordnet. Bei ihrer Bildung ließ man jedoch den
Rittergutsbesitz als besonders zu vertretende Besitzklasse fallen und
an seine Stelle den größeren Grundbesitz überhaupt treten. Nur
in Nassau, dessen bisherige Gesetzgebung einen Unterschied von
Stadt und Land, größerem und kleinerem Grundbesitze nicht kannte,
wurde der Kreistag nach abweichenden Grundsätzen gebildet, indem
einfach die Bezirksvertretungen der einzelnen Aemter und die Be-
sitzer gewisser größeren Güter zum Kreistage sich vereinigten. Diese
Organisation der Kreisverfassungen in den neuen Provinzen mit
ihrer bunten Mannigfaltigkeit in eng aneinander grenzenden Ge
bieten konnte jedoch nur ein kurzer Uebergangszustand sein. Eine
grundsätzliche Neuregelung der Kreisverfassung war hier eine ebenso
große Notwendigkeit wie in den alten Provinzen.
Eine vollkommene Neugestaltung der Kreisverfassung kam dann
für die östlichen Provinzen mit Ausnahme von Posen endgültig
zustande in der Kreisordnung vom 13. Dezember 18728), welche
durch das Gesetz vom 19. März 18814) nach Weiterführung der
Reform in den höheren Instanzen wesentlich abgeändert wurde
und eine neue Fassung erhielt. Nachdem das Reformwerk im
ganzen durch das Landesverwaltungsgesetz vom 30. Juli 1883
und das Zuständigkeitsgesetz vom 1. August 1883 für die östlichen
Provinzen zum Abschlusse gelangt war, konnte nunmehr die Ueber-
tragung auf die anderen Landesteile erfolgen. Es ergingen daher
in den folgenden Jahren besondere Kreisordnungen für Hannover
am 6. Mai 18847), für Hessen-Nassau am 7. Juni 18855), für
2) GS. 1872, S. 661.
4) G. 1881, S. 155.
5) GS. 1884, S. 181.
6) GS. 1885, S. 193.