294 Das Verwaltungsrecht. § 1190
190412) wegen Stimmrechts des Staates und verstärkter Ver-
tretung der Städte und Landgemeinden. Die kreisständische Ver-
sammlung wird hiernach gebildet aus
a) den auf dem Provinziallandtage zu Virilstimmen be-
rechtigten Personen in den Kreisen, in welchen ihre Besitzungen
liegen, ingleichen aus allen Rittergutsbesitzern des Kreises, denen
die allgemeinen Eigenschaften der Kreisstandschaft nicht abgehen,
und die in der prenßischen Monarchie ihren Wohnsitz haben,
neuerdings auch Vertretern des Fiskus für die entsprechenden
Güter bis zum Höchstbetragc eines Achtels der Kreistagsmitglieder;
vb) in der Regel einem Abgeordneten von einer jeden im
Kreise belegenen Stadt; wenn jedoch eine Stadt nach der letzten
Volkszählung ohne die aktiven Militärpersonen mehr als 4000
Einwohner hat, entsendet sie für je 4000 Einwohner einen Ab-
geordneten, wobei Bruchteile von mehr als einhalb für voll ge-
rechnet werden;
c) drei Abgeordneten der Landgemeinden, die jedoch durch
königliche Verordnung in einigen oder allen Kreisen bis auf sechs
erhöht werden können.
Persönliches Erfordernis sämtlicher Kreistagsmitglieder ist die
Vollendung des 24. Lebensjahres und unbescholtener Ruf. Außer
dem sind zu Abgcordneten der Städte und Landgemeinden nur
diejenigen Personen wählbar, welche zur Vertretung des betreffen.
den Standes auf dem Provinziallandtage berechtigt sind#).
Die auf dem Kreistage virilstimmberechtigten Personen sind
befugt, sich auf ihm vertreten zu lassen, und zwar 1. unmündige
Rittergutsbesitzer durch ihren Vater oder Vormund, 2. Ehefrauen
durch ihre Ehegatten, 3. unverheiratete Besitzerinnen, 4. alle be-
fähigten Besitzer, sofern sie behindert sind, persönlich zu erscheinen.
Die Vertreter müssen jedoch selbst zur Ritterschaft des preußischen
Staates oder vielmehr, da der Rechtsbegriff der Ritterschaft gegen
wärtig nur noch in der Provinz Posen besteht, zu derjenigen dieser
Provinz gehören, und dürfen der allgemeinen Erfordernisse der
Kreisstandschaft nicht entbehren.
12) GS. 1904, S. 241. Dazu Vers. vom 4. Februar und 1b. Otkt.
1907 (GS. 1907, S. 25, 285).
19) Vgl. darüber §8 129.