Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

326 Das Verwaltungsrecht. § 124 
führten aber schon 1723 zur Verschmelzung beider Arten mit 
einander streitender Behörden zu einer einzigen Provinzialbehörde 
der inneren Verwaltung, der Kriegs= und Domänenkammer. Jede 
Kriegs= und Domänenkammer war kollegialisch organisiert unter 
einem Präsidenten und einem oder mehreren Direktoren. Ihre 
Aufgabe ist es, die eingehenden Sachen zu eröffnen und den be- 
treffenden Berichterstattern zuzuschreiben. Ueber alle Sachen war 
jedoch nach kollegialer Beratung ein Beschluß von der gesamten 
Kammer zu fassen. Nur die Aufsicht der unteren Verwaltung an 
Ort und Stelle erfolgte durch Abgeordnete des Kollegiums. Die 
Zuständigkeit der Kammern umfaßt die gesamte innere Landes- 
verwaltung mit Ausnahme der den Landesgerichten, welche meist 
die nunmehr ganz unzutreffende Bezeichnung Regierungen führten, 
verbliebenen Lehns-, Hoheits= und Gnadensachen. 
Die Kammern haben aber nicht nur die Verwaltung, sondern 
auch eine umfassende Gerichtsbarkeit in allen denjenigen Sachen, 
bei denen das öffentliche Interesse in Frage kam. Schon die 
Vorgänger der Kriegs= und Domänenkammern, die Kommissariate, 
hatten eine Gerichtsbarkeit in fiskalischen Angelegenheiten für sich 
in Anspruch genommen, da die vielfach unter ständischem Ein- 
flusse stehenden Gerichte keine Gewähr dafür zu bieten schienen, 
daß ihre Rechtsprechung den notwendigen Forderungen des neu 
begründeten absoluten Militärstaates gerecht wurde. Dic all- 
gemeinen Ordnungen wegen Verbesserung des Justizwesens vom 
21. Juni 17133) und vom 25. April 1715"4) hatten diesen in 
den letzten Jahrzehnten ausgebildeten Rechtszustand anerkannt und 
durch Herausgreifen einzelner Fälle, die vom Gesetzgeber ent- 
schieden wurden, die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Gerichten und 
Verwaltungsbehörden zu mindern gesucht. Die Kriegs= und 
Domänenkammern als Rechtsnachfolger der Amtskammern und 
Kommissariate überkamen nunmehr die Entscheidung aller Rechts- 
streitigkeiten, in denen ein fiskalisches oder polizeiliches Inter- 
esse in Frage kam, und die durch die bisherigen Verordnungen 
der Entscheidung der ordentlichen Gerichte entzogen waren. In 
diesen Sachen ist die Kriegs= und Domänenkammer nicht als Ver- 
waltungsbehörde tätig, sondern als ein Verwaltungsgerichtshof, 
*!) Mylius, C. C. M. U. 1 Nr. 131. 
") A. a. O. Nr. 139.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.