Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 129 Die kommunalen Organe des Provinzialverbandes. 369 
In der Provinz Posen erfolgt die Ladung durch den Land- 
tagskommissarius, der ebenso wie in den anderen Provinzen die 
Mittelsperson zwischen der Staatsregierung und dem Landtage 
bildet. Die Ernennung des Vorsitzenden, welcher den Titel Land- 
tagsmarschall führt, steht dem Könige aus den Mitgliedern des 
ersten Standes für die Zeit vom Beginn des Landtags bis zur 
Eröffnung des nächstfolgenden zu. Für die Beschlußfähigkeit der 
Versammlung ist die Anwesenheit von wenigstens drei Vierteln 
ihrer Mitglieder notwendig. Zu einem giltigen Beschlusse über 
solche Gegenstände, welche von dem Könige zur Beratung an 
den Landtag gewiesen oder ihrem Beschlusse mit Vorbehalt könig- 
licher Sanktion überlassen oder sonst zur Kenntnis des Königs 
zu bringen sind, wird Zweidrittelmehrheit erfordert, im übrigen 
genügt einfache Mehrheit. Sobald zwei Drittel der Mitglieder 
eines Standes sich durch einen Beschluß verletzt glauben, findet 
Sonderung in Teile statt. Die Versammlung verhandelt dann 
nicht mehr als Gesamtheit, sondern nach Ständen. Ihre Be- 
schlüsse werden dem Könige zur Entscheidung vorgelegt. Das Er- 
gebnis der Landtagsverhandlungen und die Landtagsabschiede sind 
durch den Druck bekannt zu machen. 
An die Stelle des posener Provinziallandtages, so lange 
dieser nicht versammelt ist, tritt nach der Verordnung vom 
21. Juni 184 2) ein ständischer Ausschuß, bestehend aus sechs 
Mitgliedern des ersten Standes, darunter der Landtagsmarschall, 
vier städtischen und zwei bäuerlichen Mitgliedern. Vorsitzender 
ist der Landtagsmarschall. Die übrigen Mitglieder werden auf 
dem Provinziallandtage von jedem Stande in sich gewählt. Die 
Wahlzeit dauert von einem Landtage zum andern. Aufgabe des 
ständischen Ausschusses ist es einzig und allein, wenn der Pro- 
vinziallandtag nicht versammelt ist, an dessen Stelle zu treten 
und seine Obliegenheiten wahrzunehmen. 
Für die Handhabung der Kommunalverwaltung der Provinz 
besteht ein besonderes Organ, der Provinzialausschuß. Nur in 
Hessen-Nassau, wo Gegenstände der kommunalen Verwaltung für 
die ganze Provinz zunächst noch nicht vorhanden waren, sollte 
nach Art IV des hessen-nassauischen Einführungsgesetzes zur Pro- 
— 
11) GS. 1842, S. 227. 
VBornhak, Preußisches Staatsrecht II. 2. Aufl. 24
	        
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