8 90 Begründung des Staatsdienstes. 31
Muß der Staatsdienst seiner inneren Natur nach durch einen
Staatsakt begründet werden, so kann dieser Staatsakt nur eine
Rechtsnorm oder eine tatsächliche Anordnung sein. Die Auffassung
des Begründungsaktes als Rechtsnorm oder, wie man es aus-
drückt, als Privilegium oder Lex specialis ist sehr verbreitets).
Sie beruht jedoch vielfach nur auf einer Unklarheit der staats-
rechtlichen Ausdrucksweises). Man wollte den Staatsakt gar nicht
als Rechtsnorm, sondern als tatsächliche Anordnung charakterisieren,
wählte aber, da eine entsprechende Bezeichnung für den Begriff
fehlte, die Benennungen Privilegium oder Lex specialis. Soviel
steht fest, daß mit dem Worte Privilegium nichts anzufangen ist, da
sich damit im heutigen Staatsrechte kein einheitlicher Begriff ver-
bindet, das Privilegium vielmehr entweder tatsächliche Anordnung
zur Ausführung der Rechtsnormen oder selbst Rechtsnorm ist.).
Eine Rechtsnorm könnte die Anstellung des Beamten nur sein,
wenn sie an einen vorausgesetzten Tatbestand Rechtsfolgen an-
knüpfte. Dies ist jedoch nicht der Inhalt der Bestallung. Sie
besagt nicht, daß unter gewissen Voraussetzungen bestimmte Rechts-
folgen hergestellt werden sollen, sondern sie stellt selbst einen
Zustand, das besondere Pflichtverhältnis des Beamten zum Staate,
her. Die Bestellung kann daher nichts anderes sein als eine
tatsächliche Anordnung.
Nach Art. 4 der Verfassungsurkunde sind die öffentlichen
Aemter unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Be-
dingungen für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. Damit
werden aber nur allgemeine Bevorzugungen einzelnen Klassen, wie
die des Adels nach § 35 II, 9 A. L.-R., oder Benachteiligung solcher,
wie der Juden nach § 2 des Gesetzes vom 23. Juli 1847, ausge-
schlossen. Niemand, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt
hat, erlangt dadurch ein Recht auf Uebernahme in den Staatsdienst
oder Uebertragung eines Amtes. Die individuelle Ausschließung
einzelner, die sich für den Staatsdienst oder ein Amt nicht eignen,
5) Zöpfl § 515; Zachariä § 135; v. Gerber § 37; Grote-
fend § 627; v. Rönne-Zorn, Pr. StR. Bd. 1, S. 426; H.
Schulze, Pr. St R. Bd. 1, S. 308; Pözl, Bayr. Verfassungsrecht
S. 495 N. 2 und Staatswörterbuch Bd. 9, S. 688.
60) Ganz unverkennbar bei Zachariä und v. Gerber.
7) Vgl. 8 84.