fullscreen: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

332 Kinder. 
werden, wenn sie die zur Erkenntniß der Strafbarkeit erforderliche Ein- 
sicht besaßen. Die Strafverbüßung erfolgt diesfalls in besonderen Anstalten 
für jugendliche Verbrecher (s. Gefängniß II). Liegt obige Voraussetzung 
nicht vor, so ist im Urtheile zu bestimmen, ob der Angeschuldigte seiner 
Familie überwiesen oder in einer Correctionsanstalt (s. d. B) unterge- 
bracht werden soll (St G. 8§ 56, 57, MVO. vom 24. December 1870). 
Bei Annahme mangelnder Einsicht soll öffentliche Anklage nur dann er- 
hoben werden, wenn Unterbringung in der Correctionsanstalt angezeigt 
erscheint und hierzu richterliches Urtheil erforderlich ist. Gegen schul- 
pflichtige K. soll, da ihre Unterbringung nach obigem § 5 des 
Schulges. auch ohne richterliches Urtheil erfolgen kann, Anklage bei 
mangelnder Einsicht daher überhaupt nicht erhoben werden. Hier soll 
vielmehr in ihrem weitesten Umfange nur die Schulzucht eintreten, die 
sich nicht auf die Voraussetzungen von § 47, der AV. vom 25. August 
1874 beschränkt (MVO. vom 4. Januar 1887 in der Zeitschr. f. V. VIII 
S. 188, SW B. S. 57 und die dort abgedruckten weiteren Verordnungen). 
Die einschlagenden Bestimmungen für die Staatsanwaltschaft giebt GeschO. 
§88 839—841. 
C. Nicht vollsinnige, blinde (s. d.), schwachsinnige ((. d.) oder 
taubstumme (s. d.) K. sind in den dazu bestimmten Anstalten unterzu- 
bringen, sofern nicht durch die dazu Verpflichteten anderweit für ihre 
Erziehung hinreichend gesorgt ist. Zeigt sich bei der Schulaufnahme das 
Vorhandensein derartiger K., so hat der Schulvorstand dem Bezirksarzte 
(s. d. IV) unter Auskunftsertheilung darüber, in welcher Weise bisher 
für die Erziehung gesorgt worden ist, alsbald Kenntniß zu geben (Ges. 
vom 26. April 1873 S. 350 § 4, AVO. vom 25. August 1874 S. 155 
8§ 9, MVO. vom 20. Juli 1875 in der Zeitschr. f. R. 42 S. 497, 
Instr. vom 10. Juli 1884 S. 210 § 33). Der Lehrer soll solche K. 
in seine Nähe setzen und die Eltern auf ihr Leiden aufmerksam machen 
(MV#. vom 8. Februar 1883 in der Zeitschr. f. V. IV S. 223). Für 
gebrechliche, kränkliche oder geistig unreife K. kann die Schul- 
aufnahme (s. d.) ausgesetzt, auch die zeitweilige Unterbrechung des Schul- 
besuchs gestattet werden (obiges Ges. 8 44, obige AVO. 8 8). 
D. Die Erziehung armer K. ist Armenunterstützung (s. d. insbe- 
sondere Arm.-Ordg. vom 22. October 1840 S. 257 § 335). Die 
Unterbringung verwahrloster Kinder (s. oben 1) in Correctionsanstalten 
(s. d. B) ist nicht ohne Weiteres als Armenunterstützung anzusehen. 
Arme Waisen sind entweder in öffentlichen Waisenhäusern (s. d.) oder 
auf Kosten des Armenverbandes in ehrbaren Familien unterzubringen. 
Welche von beiden Erziehungsarten zu wählen sei, hat in erster Linie 
nicht die Vormundschaftsbehörde, sondern die Armenversorgungsbehörde 
dann zu entscheiden, wenn für das K. bereits vor der Unterbringung Er- 
ziehungsbeiträge aus öffentlichen Mitteln bezahlt worden sind (Arm.= 
Ordg. vom 22. October 1840 S. 257 § 49, MVO. vom b. November 
187½7 im SWB. von 1878 S. 170). « 
E. Die sonstigen Bestimmungen über Kindererziehung betreffen die 
confessionelle Erziehung (s. d.) und das Ziehkinderwesen (s. d.). Zur An—
	        
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