Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

§ 137 Geschichtliche Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. 133 
Untertanen wider ihre Obrigkeit nicht leichtlich anzunehmen und 
nicht Prozeß zu erkennen oder Mandat zu erlassen, bevor von der 
Obrigkeit ein Bericht über die Sache eingefordert sei, und dabei 
das Recht der Obrigkeit, in Polizei-, Zunft= und Handwerkssachen 
Verordnungen und Statuta zu erlassen und nach Gelegenheit der 
Läufft und Zeiten zu widerrufen und zu verändern, wohl zu be- 
achten. Spätere Wahlkapitulationen, besonders die von 1790, be- 
kräftigen diesen Rechtszustand noch, sie sind aber für Preußen be- 
deutungslos, da dieses schon früher seine volle Unabhängigkeit von 
der Rechtsprechung der Reichsgerichte errungen hatte. Endlich 
suchten sich die einzelnen Landesherren gegen die Rechtsprechung der 
Reichsgerichte zu schützen, indem sie mit ihren Ständen Abkommen 
dahin trafen, daß diese sie lediglich vor ihren, der Landesherren, 
Gerichten belangen sollten, wogegen für diesen Fall die Mitglieder 
des Gerichts ihrer Pflichten gegen den Landesherren entlassen 
wurden). Soweit hiernach den Reichsgerichten noch eine Gerichts- 
barkeit über die einzelnen Landesherren wegen Ausübung der 
Landeshoheit, die übrigens durch die Privilegia de non appellando 
nicht beseitigt war, verblieb, wurde sie im 18. Jahrhundert für 
die größeren Gebiete tatsächlich außer Kraft gesetzt, da den Reichs- 
Zgerichten jegliche Zwangsmittel gegenüber Staaten, wie Preußen, 
Hannover, Sachsen und Bayern, fehlten. 
Weiterhin wird aber auch die Gerichtsbarkeit der Landesgerichte 
über verwaltungsrechtliche Fragen ausgeschlossen durch zwei Mittel. 
In bezug auf die Handhabung der Staatsgewalt wird ein Unter- 
schied gemacht zwischen den größeren Hoheitsrechten oder Regalien, 
die allein dem Landesherren, und den kleineren, die wie Gericht, 
Polizei, Jagdrecht, Bergregal, vermöge landesherrlicher Verleihung 
auch den Untertanen als Jura speciali titulo acquisita zustehen 
können. In den einzelnen Gebieten abgesehen von denen, die auf 
dem älteren Standpunkte stehen bleiben, wird nicht mehr über die 
ersteren, sondern nur noch über die letzteren der Rechtsweg zuge- 
lassen. Aber auch hier werden die an der älteren Rechtsauffassung 
festhaltenden ordentlichen Gerichte von der Gerichtsbarkeit ver- 
drängt, indem diese in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts 
auf die Verwaltungsbehörden, in Brandenburg-Preußen seit der 
— - 
7) In Brandenburg schon durch den Landtagsrezeß von 1672. 
Bornyak, Preußisches Staatsrecht II. 2. Aufl. 28
	        
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