Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

§ 138 Wesen der Verwaltungsgerichtsbarkeit. 447 
gewiesen, daß es weder subjektive Rechte der Staatsangehörigen 
acgen den Staat, noch subjektive Rechte ohne Beziehung zu anderen 
Personen geben kann. Aus dem Verwaltungsrechte ergibt sich 
daber nicht wie aus dem Privatrechte für jede Person, welche 
durch eine Rechtsnorm getroffen wird, ein subjektives Recht. Wohl 
kann sich ein solches Bercchtigungs= und Verpflichtungsverhältnes 
zwischen verschiedenen Rechtssubjekten sekundär auch aus den Ver- 
waltungsrechtsnormen ergeben. Indem der Staat die Verpflichtung 
ciner Personenmehrheit zu ihm regelt, können hieraus auch unter 
diesen Personen Rechtsverhältnisse hervorgehen, dic, auf einer 
Norm des öffentlichen Rechts beruhend, lediglich öffentlichrechtlicher 
Natur sindio). Es ist aber jedenfalls dem Verwaltungsrechte nicht 
wesentlich, daß aus ihm subjektive Rechte erwachsen. Der Ver- 
waltungsprozeß kann daher auch nicht wie der Zivilprozeß die 
gleichzeitige Verwirklichung der Rechtsnorm und des aus ihr her- 
geleiteten subjektiven Rechtes, sondern nur die Verwirklichung des 
objektiven Rechtes zum Gegenstande haben, und es ist bloß ein 
das Wesen der Sache nicht berührender Zufall, wenn der Ver- 
waltungsprozeß gleichzeitig ein subjektives Recht verwirklicht, 
während dies beim Zivilprozesse eine innere Notwendigkeit ist. 
Allerdings könnte eine Gesetzgebung den Verwaltungsprozeß auf 
die Verfolgung subjektiver öffentlichen Rechte der Staatsangehörigen 
oder kommunaler Verbände unter einander beschränkenunn. Dann 
würde allerdings der Verwaltungsprozeß sich seinem inneren Wesen 
nach dem Zivilprozesse bedeutend nähern. Die preußjsche Gesetz- 
gebung steht aber jedenfalls nicht auf diesem Standpunkte. 
Das Strafrecht andererseits umfaßt nicht wie das Privat- 
recht subjektive Rechte der einzelnen gegeneinander, sondern gleich 
dem Staatsrechte objektive Rechtsnormen, aus denen sich nur bis- 
weilen und unter gewissen Voraussetzungen subjektive Berechti- 
gungen, wie z. B. der Anspruch auf Buße, ergeben. Der Straf- 
10) Beispielsweise ist hier zu erinnern an die Rechte des einzelnen 
degenüber einem Kommunalverbande oder einem Schul-, Wege-, Armen- 
verbande und an die Rechtsverhältnisse dieser Verbände unter einander. 
11) Dies ist in Bayern verschiedentlich versucht und in Württembera 
durchgeführt worden, und aus letzterer Tatsache erklärt es sich wohl. 
daß der Württemberger v. Sarwey allgemein die Verwaltungsgerichts- 
barkeit als die Verfolgung subjektiver öffentlichen Rechte auffaßt.
	        
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