Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 140 Das Verfahren in erster Instanz. 4061 
Regulativ des Oberverwaltungsgerichts, auf das die Regulative 
für die Kreis= und Bezirksausschüsse lediglich Bezug nehmen, in 
erschöpfender Weise geregelt. 
Das Verwaltungsstreitverfahren beginnt mit der Erhebung 
der Klage. Sie ist bei dem zuständigen Gerichte schriftlich ein- 
zureichen. Außerdem kann die Klage beim Kreisausschusse zu 
Protokoll erklärt werden. Da die Erklärung zu Protokoll der 
schriftlichen Einreichung bei dem zuständigen Gerichte gleich- 
gestellt wird, so ist anzunehmen, daß, sofern der betreffende Kreis- 
ausschuß nicht selbst zuständig ist, er und nicht die Partei für 
die Beförderung der Klage an das zuständige Gericht Sorge tragen 
muß. In der Klage ist ein bestimmter Antrag zu stellen, und 
sind die Person des Beklagten, der Gegenstand des Anspruchs, 
sowie die den Antrag begründenden Tatsachen genau zu bezeichnen. 
Wenn es das Gesetz auch nicht ausdrücklich erfordert, so ist es 
doch selbstverständlich, daß sich aus der Klage auch die Person 
des Klägers ergeben muß (§ 63 LVG.). Inhaltlich muß also die 
Klage gleich derjenigen im Zivilprozesse enthalten den Gegenstand 
des Anspruchs, also den Rechtsgrund, ferner die den Antrag be- 
gründenden Tatsachen, also den historischen Grund, und endlich 
drittens als Schlußfolgerung aus den beiden Obersätzen einen 
bestimmten Antrag, das Petitum. 
II. Für das weitere Verfahren spricht nun das Gesetz nicht 
ausdrücklich aus, ob die Verhandlungsmaxime des Zivilprozesses 
oder die Untersuchungsmaxime des Strafprozesses maßgebend sein 
soll. Der allgemeine Grundsatz ist also aus den Einzelbestimmungen 
über das Verfahren abzuleiten. Für die Verhandlungsmaxime 
könnte man geltend machen, daß das Gericht nur auf Antrag 
in Tätigkeit tritt. Allein dies ist auch in der Regel der Fall beim 
Strafprozesse. Die Verhandlungsmaxime wird aber hier vollständig 
dadurch aufgewogen, daß eine besondere Anklagebehörde grund- 
sätzlich jede Rechtsverletzung der gerichtlichen Entscheidung unter- 
breiten muß. Beim Verwaltungsprozesse besteht nun eine der 
Staatsanwaltschaft ähnliche Einrichtung in der Regel nicht. Man 
hat angenommen, daß durchgängig jeder von einer vermeintlich 
rechtswidrigen Anordnung Betroffene den Schutz der Verwaltungs- 
gerichte anrufen werde. Nur in einzelnen Fällen besteht eine 
Verpflichtung staatlicher Behörden zur Erhebung der Klage. Die
	        
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