Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

462 Das Verwaltungsrecht. 8 140 
Tatsache, daß die Verwaltungsgerichte nur auf Antrag einschreiten, 
spricht also weder für noch gegen die Verhandlungsmaxime. 
Andererseits ist aber das Verwaltungsgericht bei seinen Maß— 
nahmen nicht an die Parteierklärungen gebunden. Es kann von 
Amts wegen dritte Personen zum Prozesse beiladen und Be— 
weise erheben, es kann, aber muß nicht beim Ausbleiben einer 
Partei eine Tatsache für zugestanden annehmen, der Gerichts— 
vorsitzende kann im öffentlichen Interesse von Amts wegen Rechts- 
mittel einlegen. Alle diese Tatsachen sprechen entschieden für die 
Untersuchungsmaxime und sind mit der Verhandlungsmaxime in 
jeder Beziehung unvereinbar. Die Untersuchungsmaxime entspricht 
aber auch allein dem Wesen der Verwaltungsgerichtsbarkeit als 
einer Aufsicht der übergeordneten Behörde über die untergeordnete. 
Die Geltendmachung des Aussichtsrechts in prezessualischen 
Jormen kann zwar in einzelnen Fällen abhängig gemacht werden 
von der Stellung eines Antrags seitens der Beteiligten, die Hand- 
habung der Aufsicht selbst bewegt sich aber nicht innerhalb der 
durch die Parteierklärungen gezogenen Grenzeng). 
Dagegen ist die Frage, ob in dem Verwaltungsprozesse das 
Prinzip der Schriftlichkeit oder das der Mündlichkeit zur Geltung 
gelangt ist, weder zugunsten des einen noch des andern zu ent- 
scheiden. In dem Verfahren kann eine mündliche Verhandlung 
stattfinden und sie muß stattfinden, wenn eine der Parteien es 
verlangt. Es herrscht also jedenfalls das Prinzip der Schriftlichkeit 
nicht ausschließlich. Andererseits ist es aber auch nicht geboten, 
—— —— —— — 
3) So auch Gneist, Verhandlungen des 12. deutschen Juristen- 
tages 1875, Sten. Ber. S. 232—237. Wer freilich in der Verwaltungs- 
gerichtsbarkeit nur eine Entscheidung über subjektive, verzichtbare Rechte 
sieht, kann nur die Verhandlungsmaxime als maßgebend betrachten, so 
v. Sarwey, a. a. O. S. 724, v. Stengel, a. a. O. S. 508, die 
aber beide selbst zugeben müssen, daß ihre Ansicht mit dem positiven 
Rechte nicht in jeder Beziehung vereinbar ist. G. Meyer, a. a. O. 
nimmt seinem vermittelnden Standpunkte entsprechend eine Mischung 
von Verhandlungs= und Untersuchungsmaxrime an. O. Müller, 
a. a. O. S. 171 ff. und Friedrichs, a. a. O. S. 436 nehmen an, 
keine von beiden Prozeßmaximen sei maßgebend. Eccius in Hart- 
manns Ztschr. Bd. 3, S. 238, das Inquisitionsprinzip des altpreußischen 
Civilprozesses. Das OVG. Entsch. vom 11. Juni 1887, Bd. 15, S. 207, 
hält die Offizialmaxime, also das Inquisitionsprinzip für selbstverständlich.
	        
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