Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 144 Wesen der Verwaltungsbeschwerde. 505 
Anordnung, sich stets auf eine Verordnung stützt. Wie die Ver- 
fügung ohne das Mittelglied einer allgemeinen Ausführungs- 
verordnung unmittelbar das Gesetz zur Vollziehung bringen kann, 
so ist auch aus dem freien Entschlusse der Behörde heraus eine 
in Einzelverfügungen sich äußernde Verwaltungstätigkeit möglich, 
die nicht Ausführung von Rechtsnormen oder allgemeinen Ver- 
ordnungen ist. 
Die Steinsche Lehre von dem Widerspruche zwischen der Ver- 
fügung und dem Geiste der Verordnung hat daher in der Literatur 
keinen weiteren Anklang gefunden. Wohl aber hielt man daran 
fest, daß die Verwaltungsbeschwerde stattfinde, wenn die für den 
Einzelfall gegebene tatsächliche Anordnung zwar nicht die subjektiven 
Rechte, aber die subjektiven Interessen der betroffenen Personen 
verletzes). Die herrschende privatrechtliche Auffassung von der Ver- 
waltungsgerichtsbarkeit hatte damit den Gegensatz zwischen Ver- 
waltungsklage und Verwaltungsbeschwerde scharf zu bestimmen 
vermeint, die eine dient zur Abwehr gegen Eingriffe in subjektive 
Rechte, die andere zur Abwehr gegen Eingriffe in subjektive Inter- 
essen. Allein selbst wenn die Voraussetzung richtig sein sollte, daß die 
Verwaltungsgerichtsbarkeit den Schutz subjektiver Rechte zum Gegen- 
stande hat, so fehlt doch die feste Grenze zwischen ihnen und rechtlich 
geschützten subjektiven Interessen, und wenn die Verwaltungs- 
beschwerde subjektive Interessen rechtlich zu schützen bestimmt ist, 
wo bleibt dann der Unterschied zwischen subjektiven Rechten und 
Interessen? Ebensowenig wie bei der Verwaltungsgerichtsbar- 
keit kann man bei der Verwaltungsbeschwerde ausgehen vom 
Individuum. Den Ausgangspunkt alles Staatsrechts vermag 
immer nur der Staat und der von ihm erlassene Staatsakt zu 
bilden. 
Eine andere Unterscheidung hatte dann Gneists) im Anschlusse 
an das englische Recht aufgestellt. Hiernach sollen die Ver- 
waltungsbeschlußsachen diejenigen Angelegenheiten umfassen, welche 
nach Lage der Sache durch einfaches Dekret ohne Anhörung 
der Beteiligten oder der Gegeninteressenten erledigt werden 
können, die Verwaltungsstreitsachen dagegen die, bei denen mehrere 
— 
  
2) So 3. B. v. Sarwey, a. a. O., S. 404 ff.; v. Stengel, 
a. a. O., S. 29; Gaupp, Württ. StR. S. 36. 
2) Englisches Verwaltungsrecht (3. Aufl.), Bd. 1, S. 392 ff.
	        
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