506 Das Verwaltungsrecht. § 144
Interessenten vorhanden und wegen widerstreitender Interessen
ein rechtliches Gehör erforderlich sei. Bei den Verwaltungs-
beschlußsachen handle es sich vorzugsweise um Fragen der Zweck-
mäßigkeit, bei den Verwaltungsstreitsachen um Fragen der Gesetz-
mäßigkeit, ohne daß sich jedoch in dieser Beziehung bei der eigen-
tümlichen Natur der betreffenden Verwaltungshandlungen, in denen
bald der eine bald der andere Gesichtspunkt mehr hervortrete,
eine scharfe Grenzlinie ziehen lasse. Es besteht also nach Gneist
kein nach rein logischen Gründen festzustellender Unterschied in
der Sache selbst, sondern nur in dem Verfahren. Offenbar ist
doch aber das verschiedene Verfahren nur die notwendige Folge
einer inneren sachlichen Verschiedenheit, und es ist wenigstens
für das preußische Recht zu bestreiten, daß sich in letzterer Hin-
sicht eine scharfe Grenze nicht ziehen läßt.
[Die Verwaltungsbeschwerde verhält sich gleich der Ver-
waltungsklage zur Beschwerde im weiteren Sinne wie die Art
zur Gattung, sie umfaßt also alle Begriffsmerkmale der Beschwerde
im weiteren Sinne, d. h. sie ist eine Anzeige an die der an-
ordnenden für den gegebenen Fall vorgesetzte Behörde von dem
Erlasse der Anordnung und eine daran geknüpfte Bitte, diese
Anordnung aufzuheben oder abzuändern. Es sind ihr aber weiter-
hin noch besondere Begriffsmerkmale eigentümlich, welche der
Beschwerde im weiteren Sinne fehlen. In dieser Richtung ist
hier das Wesen der Verwaltungsbeschwerde zu entwickeln.
Die Tätigkeit der Verwaltung soll sich allerdings richten nach
der bestehenden Rechtsordnung. Es darf also keine Behörde eine
mit dem geltenden Rechte in Widerspruch stehende Anordnung
treffen. Sofern sie dies gleichwohl tut, ist in den gesetzlich be-
stinumten Fällen die Verwaltungsklage gegeben. Es wäre aber
falsch aus der Tatsache, daß die Verwaltungstätigkeit der Be-
hörde sich nie mit einer geltenden Rechtsnorm in Widerspruch
setzen darf, daß also die Verwaltung nach Maßzgabe des bestehenden
Rechts zu führen ist, die Schlußfolgerung zu ziehen, daß sie nur
nach diesem zu handhaben sei, daß jede Verwaltungshandlung sich
auf eine Rechtsnorm stützen müsse. Ein ganz bedeutender Teil
der Verwaltungstätigkeit besteht allerdings in der Ausführung
von Rechtsnormen, aber die Verwaltungstätigkeit erschöpft sich
nicht darin.