Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 144 Wesen der Verwaltungsbeschwerde. 507 
Auch soweit keine Rechtsnorm vorhanden ist, können die Be- 
hörden ihre Anordnungen treffen, jedoch unter zwei Bedingungen. 
Die Anordnung darf weder durch eine Rechtsnorm noch durch 
eine Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde oder des Königs 
verboten sein. Verschiedentlich sind zwar für einzelne Sachen 
Rechtsnormen gegeben. Die Natur des Gegenstandes kann je- 
doch eine derartige rechtliche Regelung verhindern, daß die Be- 
hörden nur die Rechtsvorschriften zur Ausführung zu bringen 
hätten. Der Gesetzgeber gibt dann der Verwaltung selbst freien 
Spielraum, indem er ihr gestattet, nach eigenem Ermessen zu 
handeln. So entstehen die zahlreichen Generalklaufeln der Ver- 
waltungsgesetze, vermöge deren der Verwaltung auch da, wo 
Rechtsnormen erlassen sind, dieselbe freie Stellung eingeräumt 
wird wie auf den rechtlich nicht geregelten Gebieten. Auch hier 
ist aber die freie Verwaltungstätigkeit der Behörden an die oben 
erwähnten zwei Bedingungen geknüpft, die betreffende Anordnung 
darf weder durch eine Rechtsnorm noch durch eine Anweisung 
der vorgesetzten Behörde oder des Königs verboten sein. 
Diie Verwaltungshandlungen können somit nicht nur die Voll- 
ziehung von Rechtsnormen, sondern auch freic, nicht auf Rechts- 
normen gegründete Entschließung der Behörden sein, soweit die 
auf dieser freien Entschließung beruhende Anordnung nicht durch 
Rechtsnorm oder höheren Befehl überhaupt verboten ist. Selbst- 
verständlich kann sich auch durch eine solche, nicht auf einer be- 
sonderen Rechtsvorschrift gegründete Anordnung einer Behörde 
der dadurch Betroffene verletzt fühlen. Die Verwaltungsklage ist 
aber in diesem Falle ausgeschlossen. Denn sie kann sich nur dar- 
auf stützen, daß die Anordnung im Widerspruche steht mit einer 
Rechtsnorm. Der Nachweis oder das Vorhandensein eines solchen 
Widerspruchs ist aber hier um deswillen unmöglich, weil eine 
Rechtsnorm, aus der die tatsächliche Anordnung hervorgehen, deren 
Vollziehung sie bilden könnte, gar nicht besteht. Der Betroffene 
kann, wenn er die Anordnung aufgehoben haben will, also gar 
nicht ihre Rechtmäßigkeit, sondern nur ihre Zweckmäßigkeit in 
Frage stellen, und dies ist das Wesen der Verwaltungsbeschwerde 
im engeren Sinne. 
Die Verwaltungsbeschwerde gleich der Verwaltungsklage eine 
Beschwerde im weiteren Sinne, hat demnach mit der Verwaltungs-
	        
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