Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

518 Das Verwaltungsrecht. 8 147 
für beide Gerichte nächst höhere Gericht hat über die Zuständigkeit 
zu entscheidene). Dabei ist es gleichgültig, wodurch der Rechtsstreit 
über die Zuständigkeit hervorgerufen ist, ob durch den Einwand 
einer Partei oder durch die von Amts wegen erfolgte Beschluß- 
fassung des Gerichts. Denn da ja jede Behörde ihre Zuständigkeit 
jederzeit von Amts wegen zu prüfen hat, so ist die Tatsache, 
daß eine Partei den Einwand der Unzuständigkeit erhob, wenn 
auch vielleicht prozessualisch von Bedeutung, doch für den Charakter 
der Entscheidung ohne Einfluß. Jedenfalls handelt es sich nicht 
um eine Entscheidung über subjektive Berechtigungen, sondern nur 
um die Feststellung des objektiven Rechts. In ähnlicher Weise 
finden Rechtsfragen über die Zuständigkeit unter Verwaltungs- 
behörden ihre Erledigung durch die Entscheidung der vorgesetzten 
Dienstbehörde und zwar, wenn die streitenden Behörden unter 
demselben Ministerium stehen und sie keine andere gemeinschafl- 
liche vorgesetzte Dienstbehörde haben, durch das betreffende Mini- 
sterium, wenn sie aber verschiedenen Ministerialgebieten angehören, 
und die beteiligten Minister sich über die Zuständigkeitsfrage nicht 
verständigen können, durch das Staatsministerium, in dem sich 
die Einheit der Staatsverwaltung verkörperts). In allen diesen 
Fällen, in denen die Frage der Zuständigkeit innerhalb des Be- 
hördenorganismus erledigt werden kann, spricht das französische 
Recht von einem Conflit de juridiction, während sich in Deutsch- 
land nach dem Vorgange von L. von Stein in neuester Zeit der 
Ausdruck Kompetenzstreit oder Zuständigkeitsstreit eingebürgert 
hat“). Der Zuständigkeitsstreit ist wie jede Streitigkeit über Kom- 
2) Vgl. ZPO. § 36 Nröb und 6, Str Pr O. 8F 14. 
3) Vgl. § 135. 
"4) L. v. Stein, Verwaltungslehre Bd. 1, Abt. 1 (2. A.), S. 393 
gebraucht das Wort „Kompetenzstreit“ allerdings nur dann, wenn Be- 
hörden desselben Ministerialressorts, „Kompetenzkonflikt“, wenn Behörden 
verschiedener Ministerialressorts in Betracht kommen. Soll aber die Unter- 
scheidung überhaupt eine juristische Bedeutung gewinnen, so kann man 
nicht bei dem äußerlichen Kennzeichen stehen bleiben, ob es sich um Be- 
hörden desselben Ministerialressorts handelt oder nicht. Aus letzterer 
Tatsache ergibt sich bei der Befugnis des Staatsministeriums zur Ent- 
scheidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten verschiedener Ministerialressorts 
keinerlei innere Verschiedenheit der beiden Begriffe. Sic sind daher in der 
oben angegebenen Weise zu bestimmen.
	        
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