Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

§ 147 Der Kompetenzkonflikt. 523. 
Die Uebertragung der Entscheidung von streitigen Zuständigkeits- 
fragen an den Staatsrat durch die Verordnungen vom 16. Dezember 
1808, 27. Oktober 1810 und 20. März 1817 war nicht geeignet, 
diese Lücke auszufüllen, da der Staatsrat nur über Ressortstreitig- 
keiten zwischen verschiedenen Ministerien zu entscheiden hatte, die 
Gerichte bezüglich ihrer Rechtsprechung aber im allgemeinen. 
keinem Ministerium untergeordnet waren. 
Die Kabinettsordre vom 30. Juni 1828 über das Verfahren 
bei Kompetenzkonflikten zwischen den Gerichten und den Ver- 
waltungsbehördens) bestimmte daher, jeder einzelne Fall eines 
Kompetenzkonflikts zwischen den Gerichten und den Verwaltungs- 
behörden, der nicht durch eine Vereinigung zwischen dem Justiz- 
minister und dem Minister der betreffenden Verwaltung zu er- 
ledigen sei, solle im gesamten Staatsministerium nach seinen tat- 
sächlichen und rechtlichen Verhältnissen vollständig erörtert und: 
geprüft, demnächst aber von dem Staatsministerium gutachtlich 
darüber an den König berichtet werden. Dieser behielt sich vor, 
unmittelbar, erforderlichenfalls nach erstattetem Gutachten des- 
Staatsrats, zu entscheiden oder die Entscheidung dem höchsten 
Gerichtshofe aufzutragen. Das Rechtsverfahren sollte beim Ein- 
tritte des Konflikts bis zu dessen Entscheidung aufgeschoben 
werden. Der Gesetzgeber ging hierbei allerdings von der schon nach 
damaligem Staatsrechte irrtümlichen Voraussetzung einer Unter- 
ordnung der Gerichte bezüglich ihrer Rechtsprechung unter den 
Justizminister aus und hielt deshalb eine Erledigung des Konflikts. 
durch Verständigung zwischen dem Justizminister und dem be- 
treffenden Fachminister für zulässig. Diese rechtsirrtümliche Vor- 
aussetzung ließ aber die Rechtsgültigkeit der Kabinettsordre selbst 
unberührt. Es wurden eben die betreffenden Minister, falls sie 
miteinander übereinstimmten, und sonst der König nach er- 
fordertem Gutachten des Staatsministeriums zur Entscheidung der 
Kompetenzkonflikte für zuständig erklärt. Wohl aber ergaben sich, 
weil die Kabinettsordre auf rechtsirrtümlichen Voraussetzungen 
beruhte, schwere politische Bedenken gegen sie, um so mehr, als die 
Praxis annahm, daß auch rechtskräftige Erkenntnisse des obersten- 
Gerichtshofs, welche gegen die das Staats= oder Fiskalinteresse 
„) G. 1828, S. 86.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.