Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 148 Das Koufliktsverfahren. 529 
eines Mitgliedes des Kompetenzgerichtshofes von seinem Amte zu- 
lässig ist, beschränkt sich also das preußische Recht auf den einfachen 
Hinweis auf die reichsrechtlichen Bestimmungen betreffend die Mit- 
glieder des Reichsgerichts. Damit ist aber, wie schon aus dem Kom- 
missionsberichte des Abgeordnetenhausest) sich ergiebt, allen mög- 
lichen Streitfragen Tür und Tor geöffnet. Insbesondere wurde 
in Zweifel gezogen, wer denn nun für die Mitglieder des Kom- 
petenzgerichtshofs das zuständige Disziplinargericht sei, das Reichs- 
gericht, der Kompetenzgerichtshof selbst oder für dic nicht richter- 
lichen Mitglieder auch der Disziplinargerichtshof, wer ferner an 
die Stelle des Oberreichsanwalts zu treten habe. Augenscheinlich 
hat man nicht das Reichsgericht zum Disziplinargerichte bestellen, 
sondern die richterliche Unabhängigkeit des Kompetenzgerichtshofs 
dadurch sichern wollen, daß man ihm gegenüber seinen Mit- 
gliedern dieselben Disziplinarbefugnisse einräumte wie dem Reichs- 
gerichte gegenüber den seinigen. Disziplinargericht ist also der 
Kompetenzgerichtshof, nur die Voraussetzungen und die Formen 
des Disziplinarverfahrens sind dieselben wie bei den Mitgliedern 
des Reichsgerichts. Die in letzterem Falle vorgeschriebene An- 
hörung des Oberreichsanwalts fällt beim Kompetenzgerichtshofe 
selbstverständlich fort, da bei diesem eine Staatsanwaltschaft nicht 
besteht. Damit ist die Frage für diejenigen Mitglieder erledigt, 
welche ein anderes Amt nicht bekleiden und deshalb auf Lebens- 
zeit ernannt werden. Die Regel bildet jedoch letztere Ernennungs- 
art nicht, sondern vielmehr die Ernennung im Nebenamte für 
die Dauer des Hauptamtes. Daß gegen diese Mitglieder wegen 
Dienstvergehen in ihrem Hauptamte oder wegen außerdienstlicher 
Disziplinarvergehen ein Disziplinarverfahren vor der mit Rücksicht 
auf ihr Hauptamt zuständigen Disziplinarbehörde eingeleitet wird, ist 
in keiner Weise ausgeschlossen. Ebenso kann eine unfreiwillige 
Pensionierung in Beziehung auf das Hauptamt nach den für 
dieses geltenden Vorschriften erfolgen. Allerdings würde ein 
Disziplinar= wie ein Pensionierungsverfahren nur die Entlassung 
vom Hauptamte zur Folge haben können. Da jedoch die Er- 
nennung zum Mitgliede des Kompetenzgerichtshofs nur für die 
Dauer des Hauptamts erfolgt ist, zieht der Verlust des letzteren 
1 Sten Bericht des Abgeordnetenhauses 1878/79 Anl. Bd. 2, 
Bornhak, Preußlsches Staatsrecht II. 2. Aull. 3 
 
	        
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