536 Das Verwaltungsrecht. 8 148
des Konfliktsverfahrens als einer Entscheidung über eine Prä—
judizialfrage im Gegensatze zum französischen Rechte, wo die Kon-
fliktserhebung den Grund für die richterliche Unzuständigkeit bilde,
angeführts). Es kann davon abgesehen werden, ob wirklich ein
derartiger innerer Unterschied zwischen dem deutschen und dem
französischen Rechte in dieser Beziehung besteht, soviel ist wohl
als feststehend anzunehmen, daß die Entscheidung des Kompetenz
gerichtshofs wirklich eine solche über eine Präjudizialfrage ist. Aber
aus der Anerkennung dieses Grundsatzes ergibt sich noch nichts
darüber, wie weit über die Präjudizialfrage bindend entschieden
ist, ob der ordentliche Richter, nachdem der Kompetenzgerichtshof
sich für die Zulässigkeit des Rechtswegs ausgesprochen hat, sich
munmehr für zuständig erachten darf, oder ob er sich für zu-
ständig erachten muß.
Die Antwort hierauf folgt nicht aus dem Wesen der Kom-
petenzgerichtsbarkeit als der Entscheidung über eine Präjudizial
frage, sondern aus ihrem Wesen als einer Verwaltungsgerichts-
barkeit. Die Kompetenzgerichtsbarkeit bildet in einem bestimmten
Punkte den Ersatz für die fehlende gemeinsame vorgesetzte Dienst
behörde der Gerichte und Verwaltungsbehörden. Der Kompetenz-
gerichtshof fällt seine Entscheidung statt der Aufsichtsbehörde, und
deshalb ist sie unbedingt bindend und schließt eine abweichende
Rechtsauffassung der Gerichte und Verwaltungsbehörden über die
Zuständigkeitsfrage ebenso unbedingt aus.
Jeder Kompetenzkonflikt ist gesetzlich ausgeschlossen, wenn die
Sache vor dem Reichsgerichte schwebt?). Nach dem Grunde der
Bestimmung, daß der Kompetenzkonflikt etwas dem Reichsrechte
fremdes ist, muß sie auch Platz greifen, wenn irgend ein Gericht
des Reiches, z. B. ein Konsular= oder Schutzgebietsgericht in Frage
kommt.
8) So v. Sarwey a. a. O. S. 688.
5) Gesetz vom 29. Mai 1902 (GS. 1002, S. 145). Veranlaßt war
das Gesetz dadurch, daß der Kompetenzgerichtshof in ständiger Recht
sprechung die Kompetenzgerichtsbarkeit auch gegenüber dem Reichsgerichte
in Anspruch nahm, dieses aber die Befugnis des Kompetenzgerichtshofe"
dazu bestritt. Vgl. Entsch. vom 4. Mai, Beschluß vom 10. Juni 1899.
Entsch. in Zivils. Bd. 44, S. 4, 377. Die Streitfrage ist jetzt durch das
Gesetz erledigt.