54 Das Verwaltungsrecht. * 92
IV. Auch außerhalb der Dienstverrichtungen sind die Beamten
zu einem solchen Verhalten verpflichtet, daß sie sich der Achtung,
des Ansehens und des Vertrauens, die ihr Beruf erfordert, würdig
zeigen2o). Die Verletzung dieser Dienstverpflichtung wird diszi-
plinarisch geahndet. Gerechtfertigt wird diese Verpflichtung ge-
wöhnlich damit, daß der Beamtenstand einen besonderen Ehrenstand
bilde, und der Beamte außer der Dienstpflicht noch eine besondere
Standespflicht habe##). Zutreffend ist jedoch demgegenüber darauf
hingewiesen, worden, daß andere Berufsklassen ebenso ehrenvoll
sind, und daß aus der besonderen Standespflicht nicht ein Recht
des Staates, sondern der Berufsgenossen auf Bestrafung und Aus-
schließung folgen würde::). Die Verpflichtung des Beamten zum
angemessenen Verhalten außerhalb des Dienstes ergibt sich vielmehr
lediglich aus seinem Verhältnisse zum Staate. Der Staat würde
in seinem Ansehen leiden, wenn ein Beamter auch nur außerhalb
seiner Amtsverrichtungen eines unwürdigen Verhaltens sich schuldig
machte. Die Verpflichtung zu einem angemessenen Verhalten
außerhalb des Amtes bildet daher einen integrierenden Bestandteil
der Dienstverpflichtung überhaupt.
Was als außeramtliche Verletzung der Dienstpflicht anzusehen
ist, wird in dem Gesetze nicht gesagt. Es entscheidet darüber das
freie Ermessen der Disziplinarbehörden nach Lage des einzelnen
Falles. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei die Frage, inwieweit
eine politische Betätigung des Beamten mit seiner Stellung ver-
einbar ist.
Da den Beamten das aktive und passive Wahlrecht zusteht,
dürfen sie sich im allgemeinen politisch betätigen.
Im Gegensatze zu den parlamentarischen Staaten, die im all-
gemeinen jede politische Betätigung des Beamten gegen die
herrschende Partei ausschließen, ist man in Deutschland geneigt,
eben weil keine Parteiregierung besteht, sondern die Regierung mit
allen, nicht grundsätzlich staatsfeindlichen Parteien arbeiten und
rechnen muß, den Beamten eine freiere politische Stellung einzu-
20) Ges. vom 7. Mai 1851 — GS. 1851, S. 218 — §8 1 Nr. 2,
Ges. vom 21. Juli 1852 — GS. 1852, S. 465 — § 2 Nr. 2.
21) Pertlches, S. 44 ff.; L. v. Stein, Verwaltungslehre I, 1
(2. A.), S. 235 ff.; H. Schulze, Pr. St. Bd. 1, S. 313 ff.
23) Laband, St. Bd. 1, S. 466.