Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 93 Das Disziplinarverfahren. 63 
schuldeten. Es kann davon abgesehen werden, daß das Wort „Buße“ 
keineswegs einen unbestritten klaren juristischen Begriff ausdrückt, 
daß also mit diesem Worte selbst gar nichts gesagt ist. Denn 
es wird eine Erklärung des Wortes versucht durch die Charakteri— 
sierung als Schadensersatz und Zwangsmittel zur Pflichterfüllung. 
Die Auffassung der Disziplinarstrafe als Schadensersatz könnte 
höchstens da Platz greifen, wo es sich um Geldstrafen handelt. 
Warnung, Verweis, Dienstentlassung kann nimmermehr einen ver— 
mögensrechtlichen Schaden ersetzen. Aber auch der Kennzeichnung 
der disziplinaren Geldstrafe als Schadensersatz steht derselbe Grund 
entgegen wie der als besonderen Kriminalstrafe für Beamte, der 
Grundsatz: ne bis in idem. Nirgends ist gesagt, daß die Ver— 
urteilung zur Disziplinarstrafe die Geltendmachung eines ver— 
mögensrechtlichen Schadensersatzanspruches des Fiskus ausschließt, 
wogegen bei der „Buße“ der Reichsstrafgesetze stets die Aus- 
schließung jedes anderen Ersatzanspruches ausdrücklich hervorgehoben 
wird. Derselbe vermögensrechtliche Anspruch aus unerlaubter 
Handlung kann aber nicht zweimal geltend gemacht werden. Folg- 
lich kann auch die Disziplinarstrafe nicht Schadensersatz sein. Auf 
die weitere Charakterisierung als Zwangsmittel wird später zurück- 
zukommen sein. 
Durch die Disziplinarstrafen wird getroffen die Verletzung 
der Dienstpflicht der Beamten. Diese Dienstpflicht besteht in der 
Verpflichtung zur Leistung ungemessener Dienste einer bestimmten 
Art für den Staat. Diese allgemeine Dienstverpflichtung muß 
nötigenfalls gleich anderen Pflichten erzwungen werden, wenn der 
Beamte sie nicht leistet. Die Nichtleistung der Dienstpflicht ist 
aber nichts anderes als die Verletzung der Pflichten des Beamten, 
wegen deren die Disziplinargesetze das Disziplinarverfahren ein- 
treten lassen. Die Verletzung der Dienstpflicht, welche der Staat 
nötigenfalls erzwingen muß, hat also das Disziplinarverfahren 
zur Folge. Hieraus ergibt sich, daß die Dissziplinarstrafe nichts 
anderes ist, als das Mittel, welches dem Staate zur Erzwingung 
der Dienstpflicht der Beamten zu Gebote steht. Die Disziplinar- 
strafe ist also ebensowenig eine Strafe wie die polizeiliche Zwangs- 
strafe, sie hat lediglich den Charakter einer executio ad faciendumu). 
15) gu demselben Ergebnisse gelangen Laband und Rehm, die 
auf Grund ihrer Ansicht vom öffentlichrechtlichen Vertrage die Disziplinar-= 
 
	        
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