Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8160 Die Staatsanwaltschaft. 99 
§ 160. Die Staatsanwaltschaft. 
Die Staatsanwaltschaft bildet auf dem Gebiete der Recht- 
sprechung ein Hilfsorgan der Gerichte, an dessen Mitwirkung sie 
in den mannigfaltigsten Beziehungen gebunden ist, so daß das 
Gericht ohne die Vorbereitung der Sache durch die Staatsanwalt- 
schaft und ohne deren Anträge gar nicht in Tätigkeit treten kann. 
Bei dieser Wechselwirkung zwischen den Gerichten und Staats- 
anwaltschaft ist es natürlich, daß die Organisation der Staats- 
anwaltschaft sich auf das engste an die der Gerichte auschließt. 
Gleichwohl gehören die Staatsanwaltschaften nicht zu den Gerichten, 
sondern bilden besondere, mit ihnen rechtlich nicht zusammen- 
hängende Behörden. 
Das Gerichtsverfassungsgesetz §§ 142 ff. regelt nur die Rechts- 
stellung der bei dem Reichsgerichte zu bestellenden Reichsanwalt- 
schaft in erschöpfender Weise. Dagegen beschränkt es sich hinsichtlich 
der Staatsanwaltschaft bei den Landesgerichten auf einzelne leitende 
Bestimmungen und überläßt die weitere Ausführung der Landes- 
gesetzgebung. Für Preußen ist diese erfolgt durch das Ausführungs- 
gesetz zum Gerichtsverfassungsgesetze 88 58 ff.). 
Was die rechtliche Stellung der Staatsanwaltschaft im allge- 
meinen anbetrifft, so soll die Staatsanwaltschaft bei jedem Gerichte 
bureaukratisch organisiert sein. Die dem ersten Beamten bei- 
gegebenen Beamten handeln daher in dessen Auftrage und nach 
dessen Anweisungen. Die Beamten der Staatsanwaltschaft genießen 
keine richterliche Unabhängigkeit, sondern haben ohne Beschränkung 
den Anweisungen ihrer Vorgesetzten, in denjenigen Sachen, für 
welche das Reichsgericht in erster und letzter Instanz zuständig ist, 
den Anweisungen des Oberreichsanwalts Folge zu leisten. Ueber- 
dies können auch die ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei 
den Oberlandesgerichten und den Landgerichten die staats- 
anwaltschaftlichen Aufgaben bei den Gerichten ihres Bezirks selbst 
Übernehmen oder mit deren Wahrnehmung einen anderen als den 
zunächst zuständigen Beamten beauftragen, jedoch mit der Maßgabe, 
daß Amtsanwälte das Amt der Staatsanwaltschaft nur bei den 
Amtsgerichten oder Schöffengerichten wahrnehmen dürfen (88 142, 
115—147 GV.). 
  
1) Vgl. v. Mark, Kloß und Schwedersky, die Staatsanwalt- 
schaft bei den Land= und Amtsgerichten, 3. Aufl., Berlin 1913. 
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