Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

110 Das Verwaltungsrecht. 8162 
den Gerichten die sogenannte freiwillige Gerichtsbarkeit vollständig 
entzogen und durchaus den Notaren vorbehalten war. 
Die Notare sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Ueber 
die von ihnen aufgenommenen Verhandlungen haben sie Register 
zu führen, die gleich ihrer ganzen Geschäftsführung zeitweisen 
Revisionen der vorgesetzten Dienstbehörden unterliegen. Nachdem 
ein Notar, sei es infolge seines Todes, sei es aus anderen Gründen, 
aus dem Notariate ausgeschieden ist, werden seine Akten und Re— 
gister in gerichtliche Verwahrung genommen und dort eine ent— 
sprechende Zeit verwahrt. 
8 162. Die streitige Gerichtsbarkeit. 
Als das Wesen aller Gerichtsbarkeit war festgestellt, daß es 
sich um eine staatliche Tätigkeit handelt, welche ausgeübt wird 
durch Behörden in richterlicher Unabhängigkeit. Aus diesem 
Gattungsbegriffe war als besondere Art die ordentliche Gerichts- 
barkeit, d. h. diejenige Gerichtsbarkeit auszuscheiden, welche von 
den ordentlichen Zivil- und Strafgerichten ausgeübt wird. Diese 
zerfällt nun in die streitige und in die freiwillige Gerichtsbarkeit. 
Die streitige Gerichtsbarkeit gehört also zu der ordentlichen Ge- 
richtsbarkeit, sie ist eine durch die ordentlichen Gerichte in richter- 
licher Unabhängigkeit gehandhabte Staatstätigkeit, ja man kann 
sagen, daß die streitige Gerichtsbarkeit den Ausgangspunkt und 
den Kern aller Gerichtsbarkeit bildet. Nach Feststellung der 
Gattungsbegriffe der Gerichtsbarkeit überhaupt und der ordentlichen 
Gerichtsbarkeit handelt es sich darum, worin das Wesen der 
streitigen Gerichtsbarkeit als eines Teiles der ordentlichen Ge- 
richtsbarkeit besteht. Der Name bezeichnet die Sache sehr treffend, 
der Staat hat hier gegenüber Streitigkeiten über das Recht die 
objektive Rechtsnorm vermöge der im Urteile enthaltenen tatsäch- 
lichen Anordnung nach vorheriger Untersuchung des Sach- und 
Rechtsverhältnisses zur Anwendung zu bringen. Das Wesen der 
streitigen Gerichtsbarkeit erfordert also, daß von irgendeiner Seitt 
die Berechtigung zum Erlasse des Urteils bestritten wird. 
Indem der Richter einen Rechtsstreit entscheiden muß, ergibt 
sich die Notwendigkeit der Aufstellung gewisser Normen für das 
Verfahren, die man als prozessualische bezeichnet. Allerdings is 
die Formlosigkeit auch eine Form, eine innere Unmöglichkeit wärt
	        
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