Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

146 Das Verwaltungsrecht. 8 1s6 
haben daher den Anordnungen der Militärbefehlshaber Folge zu 
leisten. 
2. Die Art. 5, 6, 7, 27, 28, 29, 30 und 36 der preußischen 
Verfassungsurkunde können außer Kraft gesetzt werden. An deren 
Stelle ist aber jetzt Reichsrecht getreten. Die genannten Ver- 
fassungsartikel selbst können also nicht mehr außer Kraft gesetzt 
werden, wohl aber die an deren Stelle getretenen reichsrechtlichen 
Bestimmungen, da § 16 des Gerichtsverfassungsgesetzes die be- 
sonderen Vorschriften über Kriegs= und Standgerichte, § 30 des 
Preßgesetzes und § 24 des Vereinsgesetzes die für Zeiten der Kriegs“ 
gefahr, des Krieges, des erklärten Kriegs-(Belagerungs-) Zustandes 
oder innerer Unruhen in bezug auf die Presse, auf Vereine un 
Versammlungen bestehenden besonderen gesetzlichen Vorschriften 
vorbehalten. 
3. Zur Untersuchung und Aburteilung gewisser Verbrechen 
können Kriegsgerichte eingesetzt werden. 
4. Die Kriegsgesetze treten in Kraft, und gewisse Verbrechen 
unterliegen einer härteren Bestrafung. 1 
5. Der Militärbefehlshaber des Orts oder Distrikts hat die 
höhere Militärgerichtsbarkeit über sämtliche zur Besatzung gehörigen 
Militärpersonen. 
Die Aufhebung des Belagerungszustandes ist in derselben 
Weise zu verkünden wie seine Einführung. 
Bestritten ist es, ob außer dem Kaiser auch die Landesorgane, 
soweit ihnen diese Befugnis früher gesetzlich beigelegt war, in 
Preußen der oberste Militärbefehlshaber und bei Aufruhr das 
Staatsministerium oder vorläufig der oberste Militärbefehlshaber! 
zur Verkündigung des Belagerungszustandes berechtigt sind. Diese 
Frage ist zu verneinenn). Allerdings ist die Verkündigung des 
17) Uebereinstimmend Seydel, Komm. zur R. V., 2. Aufl., S. 379, 
und in der Ztschr. für deutsche Gesetzgebung Bd. 7, S. 619ff.; Lab an! 
Bd. 4, S. 45 ff.; Hänel, Staatsrecht § 73; Zorn, Bd. 1, S. 193; 
v. Stengel, Verwaltungsrecht S. 287. Dagegen v. Mohl, Neich“ 
staatsrecht S. 90 ff.; v. NRönne, Staatsrecht des Deutschen Neiches, Bb.l- 
S. 87: G. Meyer in Hirths Annalen 1880, S. 347: Arndt, Staats“ 
recht S. 471 ff. und Komm. zu Art. 68 RV.; Haldy a. a. O. S. 18ff 
da weder eine ausdrückliche Aufhebung jener Bestimmungen stattgefunder 
habe, noch sie für unvereinbar zu erachten seien mit der im Reicht 
bestehenden Gestaltung des Militärwesens. Die preußische Praxis ist füt
	        
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