Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8168 Der Umfang der Polizei überhaupt. 175 
Richtung bauen auf dieser Grundlage im wesentlichen fort, indem 
sie die Erhaltung der Sicherheit für den Gegenstand der Polizei 
erklären, alle übrigen Gegenstände der inneren Verwaltung aus 
dem Gebiete der Polizei ausscheiden. 
Den Uebergang von dieser zu der dritten Auffassung bildet 
L. v. Steins). Er erklärt die Polizei für die Gesamtheit aller der- 
jenigen Tätigkeiten der inneren Verwaltung, welche den einzelnen 
vor den in den umgebenden Kräften liegenden Gefahren schützt. Je 
nachdem aber diese Kräfte natürliche oder menschlich-persönliche 
sind, besteht die Aufgabe der Polizei in der Herstellung schützender 
Einrichtungen oder in der Abwehr gegenüber den gefährdenden 
Menschen vermittels der staatlichen Zwangsgewalt. Die Polizei 
deckt sich daher nach L. v. Stein weder mit der inneren Verwaltung, 
noch ist sie ein Teil davon, sondern ein der ganzen Verwaltung 
immanentes Prinzip. 
Die dritte Ansicht endlich wählt als Einteilungsgrund nicht 
die Gegenstände, sondern die Mittel der inneren Verwaltung. Eine 
polizeiliche Tätigkeit ist hiernach überall da vorhanden, wo in der 
inneren Verwaltung der Staat mit seiner Zwangsgewalt eingreift. 
So faßt zuerst Bluntschli die Polizei auf als die Sorge des Staates 
für das Gemeinwohl mittels Ausübung seiner gebietenden und 
zwingenden Autorität. Wo dieser Zwang nicht Platz greift, ist 
die Verwaltung nicht Polizei, sondern öffentliche Pflege. Diese 
Auffassung hat sich gegenwärtig der allgemeinsten Anerkennung 
zu erfreuen und darf wohl als die herrschende bezeichnet werdeng). 
Der theoretische Streit findet nun seine Erledigung, wenn die 
Rechtsordnung unmittelbar die Frage beantwortet. 
In § 10 II, 17 ALR. heißt es nun: „Die nötigen Anstalten 
zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung 
und zur Abwendung der dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern 
desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizei.“ 
Wenn nun auch das Landrecht bereits die ersten Ansätze des Rechts- 
staates, einer gesetzlich geregelten Verwaltung enthält, so steckt 
es doch noch so tief im Polizeistaate, daß es ihm fernliegen mußte, 
— — 
3) Verwaltungslehre Bd. 2 (1866) S. 63 ff. 
4) Sie wird u. a. geteilt von Medicus Art. Polizei in Bluntschlis 
Staatswörterbuch Vb. 8, S. 131; v. Rönne, Pr. St. Bd. 1, S. 551; 
H. v. Schulze-Gaeverniy, Pr. StN. Bd. 2, S. 322 ff.
	        
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